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NEWSLETTER 9/06

22.12.2006

KOMMENTAR

Rektor Heinrich Mayr
Rektor Heinrich Mayr

Qualitätsbewusstsein und Wertschätzung geistigen Eigentums

Diebstahl geistigen Eigentums ist kein neues Phänomen. Neu ist in einer Zeit des globalen Wettkampfes um die vorderen Reihen der Austragungsort. Plagiatsfälle werden mit großem Wirbel in den Medien angeprangert, und die Öffentlichkeit übernimmt die Beurteilung der Verfehlungen. Waren es in der Vergangenheit nur die jeweiligen Institutionen oder „Scientific Communities“, die über Plagiatsfälle zu richten hatten - und dies auch konsequent verfolgten -, sind es heute auch Privatpersonen, die sich mit großer medialer Unterstützung um die Kontrolle der Einhaltung guter wissenschaftlicher Praxis an den universitären Einrichtungen kümmern.

Präventivmaßnahmen. Universitäten und Wissenschaftsverbände jedoch haben die derzeit nervös diskutierte, vermeintlich neue Herausforderung in allen Dimensionen erlebt und sind auf ihre Weise damit umgegangen: ohne Vorverurteilungen, ohne mediale Hetze, aber mit der angebrachten Sorgfalt und Umsicht. Es wurden sowohl Anlaufstellen bei Problemen wissenschaftsethischer Natur geschaffen als auch Präventivmaßnahmen ergriffen. 
 
Grundsätzlich sind Lehrende und Studierende gefordert, sich ihrer ethischen Verantwortung als wissenschaftlich-akademisch Gebildete bewusst zu sein. Allerdings erfordert es einiges an Anstrengung, sich angesichts unzureichender personeller wie finanzieller Ausstattung der Universitäten die konsequente Umsetzung dieser Verantwortung auch leisten zu können. Die Betreuungsverhältnisse in manchen Massenfächern zeichnen ein tristes Bild. Gerade deswegen muss für die in der „Copy & Paste-Welt“ lebende Studierendengeneration Anreiz für mehr Qualitätsbewusstsein geschaffen werden. Ein universitärer Abschluss soll „etwas wert sein“. Die aktuelle Plagiats-Diskussion diskreditiert nicht nur die Hohen Schulen als Institutionen, sondern vielmehr deren Mitglieder – Studierende, Lehrende und Absolventinnen und Absolventen gleichermaßen. Noch schlimmer, dass denjenigen, die ihren akademischen Abschluss redlich erworben haben, Vorurteile hinsichtlich dessen Qualität entgegengebracht werden.

Rückwirkende Überprüfung. Die Alpen-Adria-Universität Klagenfurt hat die aktuelle Situation zum Anlass genommen, nicht nur rückwirkend Überprüfungen von Abschlussarbeiten einzuleiten. Vielmehr wird auf Prävention gesetzt und einerseits das Angebot des vorhandenen „SchreibCenters“ – übrigens das einzige seiner Art an österreichischen Universitäten – ausgebaut. Studierende werden hier unterstützt, wissenschaftliche Texte angemessen zu erstellen. Andererseits müssen alle Diplomarbeiten und Dissertationen zukünftig in elektronisch lesbarer Form abgegeben werden, da sie ausnahmslos einer automatischen Überprüfung mittels entsprechender Software unterzogen werden. Weiters ist ein Modell für eine Online-Veröffentlichung auch von Diplomarbeiten in der Testphase. Dies sind institutionelle Maßnahmen zur Verhinderung von Plagiaten. Wichtige zusätzliche Maßnahmen sind jedoch solche, die das individuelle Qualitätsbewusstsein jeder Einzelnen und jedes Einzelnen steigern.

Rektor Heinrich MAYR
Universität Klagenfurt

INLAND

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Uni-Thesen in Hofburggemächern: Bundespräsident empfängt Rektoren

Das ehemalige Musikzimmer aus der Ära von Kaiserin Maria Theresia bildete in der Hofburg Anfang Dezember den Schauplatz für eine nicht alltägliche Zusammenkunft: Bundespräsi-dent Heinz Fischer hatte die Mitglieder der Österreichischen Rektorenkonferenz (ÖRK) im Anschluss an deren Plenarversammlung zu einem fast zweistündigen Meinungsaustausch empfangen. Wenig überraschend rankte sich die Unterredung hauptsächlich um Fragen des Hochschulzugangs und der Studiengebühren, die zu erörtern auch dem Staatsoberhaupt ein vorrangiges Anliegen war.  

ÖRK-Präsident Christoph Badelt präsentierte die kurz zuvor beschlossenen Thesen der ÖRK zu einer Neuregelung des Hochschulzugangs: Er verwies darauf, dass die österreichischen Universitäten in einigen Studienrichtungen mit einer „völlig inadäquaten Betreuungssituation“ zu kämpfen hätten. Ausdrücklich hob Badelt das Bestreben der Rektorenkonferenz hervor, die Quote der Akademiker/-innen in Österreich zu erhöhen. Mit dem Hinweis auf die Bedeutung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Universitäten bat der ÖRK-Präsident den Bundespräsidenten auch um dessen Unterstützung bei den Koalitionsverhandlungen.

Vom Bundespräsidenten auf die Haltung der Rektoren zu den Studiengebühren angesprochen, hielt Badelt fest, dass es der ÖRK um eine „differenzierte Debatte“ gehe, die nicht auf Befürwortung oder Ablehnung reduziert werde. Es habe sich beispielsweise herausgestellt, dass Länder mit Studienbeiträgen und einem gut ausgebauten Stipendiensystem im tertiären Sektor bessere Ergebnisse erzielten. Auch Rektor Georg Winckler führte den Aspekt ins Treffen, wer letztlich von der Gebührenfreiheit profitiere – nämlich „die oberen Mittelschichten“. Rektor Gerald Bast meinte in der Diskussion, es gäbe unterschiedliche Einschätzungen über die Steuerungsfunktion der Studienbeiträge und die sozialen Auswirkungen.

Keine Planwirtschaft. Was die Forderung der Rektoren nach einem Hochschulentwicklungskonzept anbelangt, stellte ÖRK-Präsident Badelt fest, dass dieser Vorstoß nicht als „Rückfall in die Planwirtschaft“ zu interpretieren sei. Es gehe vielmehr um ein strategisches Gesamtkonzept für den tertiären Bildungsbereich. Bundespräsident Fischer, der vor zwanzig Jahren selbst das Amt des Wissenschaftsministers in der kleinen Koalition unter dem damaligen Bundeskanzler Sinowatz bekleidete, bekundete vor allem durch gezielte Fragestellungen reges Interesse an den Sichtweisen der nahezu vollzählig versammelten ÖRK-Vertreter. Insgesamt handelte es sich seit dem Amtsantritt Fischers in der Hofburg im Herbst 2004 bereits um das dritte Treffen des ÖRK-Plenums mit dem Staatsoberhaupt.

Koalition in spe: Bildungsthemen abgehakt, Studiengebühr offen

Rechtzeitig vor den Weihnachtsfeiertagen haben die Koalitionsverhandler von SPÖ und ÖVP in der Untergruppe Bildung ihre Gespräche weitgehend abgeschlossen. Mit Ausnahme der Studiengebühren (und der „Gesamtschule“) erzielten die potenziellen Partner des angepeilten rot-schwarzen Regierungsbündnisses nach eigenen Angaben Konsens über die wesentlichen Themen des künftigen Koalitionspaktes. Während seitens der ÖVP die scheidende Bildungsministerin Elisabeth Gehrer an den Studiengebühren unbeirrt festhält, spricht sich SPÖ-Verhandler, Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl weiterhin für den Abbau dieser „sozialpolitischen Barriere“ aus. Das Reizthema wurde daher kurzerhand zur „Chefsache“ erklärt: Das bedeutet, dass notfalls die beiden Parteiobmänner Alfred Gusenbauer (SP) und Wolfgang Schüssel (VP) vor dem Angelobungstermin einer neuen Regierung am 11. Jänner die Entscheidung über die Studiengebühren treffen müssen.

Durchlässigkeit. Zu den kolportierten Ergebnissen der Einigung im Bereich Universitäten zählt unter anderem die „Verbesserung der Durchlässigkeit im Tertiärbereich“, konkret wurden bei den Doktoratsstudien Erleichterungen beim Wechsel von der Fachhochschule zur Universität vereinbart. Wie aus dem Kreis der Verhandlungsteilnehmer zu erfahren war, soll aber die aufnehmende Einrichtung die Bedingungen definieren, unter denen ein Studierender einer anderen tertiären Institution zugelassen wird. Zur Verbesserung der Betreuungsrelation möchte man mit Hilfe der neuen, im künftigen Kollektivvertrag vorgesehenen Karrieremodelle zusätzliche Stellen für die universitäre Lehre anbieten.

Die SPÖ gerät unterdessen unter Druck der rot-grünen Studentenorganisationen: Der Verband Sozialistischer Student(inn)en (VSStÖ) feuerte die Mutterpartei vor Beginn der Verhandlungen mit Unterschriftenlisten gegen Studiengebühren und dem Appell „Nicht umfallen“ an. Die Grünen und Alternativen Student(inn)en (GRAS) blockierten den Ring bei der Wiener Universität mit einem Spruchband „Wahlversprechen halten“.

Entwurf für Life-Long-Learning-Strategie „nicht akzeptabel“

Ein knappes Jahr lang fristete das Papier zur „Implementierung einer kohärenten Life-Long-Learning-(LLL)-Strategie“ ein wohlbehütetes Dasein in einer amtlichen Schublade. Plötzlich gegen Ende der 40. Kalenderwoche dieses Jahres gefiel es dem Bundesministerium für Wissenschaft, Bildung und Kultur den Diskussionsprozess zu erweitern, und die zuständige Sektion V (Erwachsenenbildung) ersuchte um Stellungnahme der Rektorenkonferenz (ÖRK) bis spätestens Ende Oktober. Diese wurde Anfang Dezember auch in Form eines vorläufigen Positionspapiers der ÖRK abgegeben und ließ in dem Antwortschreiben von Präsident Christoph Badelt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Die ÖRK ist der Ansicht, dass das vorliegende Papier in dieser Form nicht akzeptabel ist.“

Kritikpunkte. In dem angesprochenen Positionspapier gibt die Rektorenkonferenz auch ihrem Unbehagen über die „leichtfertige“ Art und Weise Ausdruck, mit der die Verantwortlichen den Diskussionsprozess anlegten. So verweist Rektor Badelt darauf, dass in dem Papier „mehrere kritische Punkte enthalten sind, die nicht nur für den universitären, sondern für den gesamten österreichischen Bildungsbereich negative Folgen haben könnten“. Der ÖRK-Präsident verweist dabei auf Kritikpunkte wie „die Auswirkungen eines lernerzentrierten Finanzierungsmodells auf die Qualität der Kursangebote und deren Inhalte und die daraus resultierende Unterwerfung aller Bildungseinrichtungen unter die Gesetze eines Bildungsmarktes“. Dazu komme „die beabsichtigte „vertikale Durchlässigkeit“ zwischen den diversen Bildungsinstitutionen: Diese lasse in Verbindung mit dem genannten Finanzierungsmodell eine erhebliche Qualitätsverschlechterung befürchten.

Darüber hinaus wird in der ÖRK-Antwort an das Ministerium bemängelt, dass die Universitäten, denen ein wichtiger Stellenwert im tertiären Bildungssektor zukommt, in dem LLL-Strategiepapier nur am Rande erwähnt werden. In ihrem Resümee fordert die ÖRK die für den Konsultationsprozess Verantwortlichen auf, eine Klärung des Prozesses vorzunehmen. Erste Reaktion des Ministeriums: Die eingegangenen Stellungnahmen werden für das vorliegende Expertenpapier bis Mitte Jänner 2007 ausgewertet. Das überarbeitete Papier soll Grundlage für die Darstellung der österreichischen LLL-Strategie gegenüber der Europäischen Kommission sein.

INTERNATIONALES

Deutsche Rektoren bemängeln Lücke im Hochschulpakt

Trotz des Hochschulpaktes von Bund und Ländern fehlen Deutschlands Universitäten nach Berechnungen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) für die Jahre bis 2010 noch fünf Milliarden Euro. HRK-Präsidentin Margret Wintermantel sagte Mitte Dezember in Bonn, der Pakt habe an mehreren Stellen erhebliche Lücken.

So lägen die durchschnittlichen Kosten eines Studienplatzes um 1.900 Euro pro Jahr höher als im Pakt veranschlagt. Außerdem seien keine Investitionen für Hörsaalgebäude, Labors und Seminarräume enthalten. Schließlich sehe der Pakt keinerlei Mittel für den Mehrbedarf durch die Bologna-Reform vor. Gegenüber dem tatsächlichen Bedarf der Hochschulen summiere sich das Defizit allein für die Jahre bis 2010 auf fünf Milliarden Euro.

Keine Billigstudienplätze. Die HRK appellierte deshalb an die Bundesländer, ihren Finanzanteil für die neu zu schaffenden Studienplätze bis zur Deckung der tatsächlichen Kosten aufzustocken. Es dürfe keine Billigstudienplätze zu Dumping-Preisen geben. Darüber hinaus müssten sie den erheblichen Mehraufwand für alle Bachelor- und Masterstudiengänge von mindestens 15 Prozent endlich finanzieren. Außerdem benötigten die Hochschulen Planungssicherheit, damit sie rechtzeitig genug qualifiziertes Lehrpersonal für die nach 2010 zu erwartenden wachsenden Studierendenzahlen einstellen könnten. (AP/APA)

ZITAT DES MONATS

„Der Universitätsbereich wird in den (Koalitions-)Verhandlungen offensichtlich sträflich vernachlässigt.“

Die beiden ÖH-Vorsitzenden Barbara Blaha und Lina Anna Spielbauer zeigen sich in der Presseaussendung vom 21. Dezember 2006 von den Ergebnissen der Verhandlungsrunde zur Bildungspolitik höchst „irritiert“.