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NEWSLETTER 2/17

28.03.2017

Kommentar

Der Zugang zu Hochschulbildung ist innerhalb der EU trotz Ausbau der Angebote immer noch stark von sozialer Herkunft geprägt – auch in Österreich. Trotz Bildungsexpansion ist die Wahrscheinlichkeit für Kinder aus bildungsnahen Familien zu studieren nach wie vor mehr als doppelt so hoch wie für Kinder, deren Eltern über keine Matura verfügen. Für Politik und Hochschulen zählt eine bessere soziale Durchmischung daher zu den großen Zielen. Denn warum sollte auf talentierte und leistungswillige Studierende mit hohem Potenzial verzichtet werden? Mancherorts herrscht die Meinung, dass aufgrund des freien Hochschulzugangs ohnehin gleiche Chancen für alle bestehen. Doch trotz „Gratisstudium“ und Stipendiensystem, ein wichtiger Bestandteil des Bildungssystems, herrscht keine sozial repräsentative Zusammensetzung der Studierenden.

INLAND

„Neoliberale Hochschule“: Frage- und Rufzeichen im Depot

Just an den Iden des März 2017 hat die ÖH-Fraktion der Grünen in die Räumlichkeiten des „Depot“ hinterm Wiener Museumsquartier zur Diskussion über das in Frageform gekleidete Reizthema „Neoliberale Hochschule?“ geladen. Die Gäste am Podium: Oliver Vitouch, Präsident der uniko, Katharina T. Paul, Politikwissenschafterin und Sigrid Maurer, Wissenschaftssprecherin der Grünen. Nicht einmal eine halbe Stunde war vergangen, da verformt sich das Frage- zum Rufzeichen, und die vormalige ÖH-Vorsitzende Maurer (2009 bis 2011) holt die verbale Keule hervor. Sie geißelt die derzeitige Studieneingangsphase STEOP und den „total zynischen Zugang“, womit schon vor Studienbeginn Drop-Outs produziert würden. Vitouchs entwaffnender Konter lässt nicht lange auf sich warten: „Die Welt hat sich verändert.“

„Unis zwischen Ökonomisierung und gesellschaftlichem Auftrag“, lautet der Titel, den die Grünen und Alternativen Studierenden (GRAS) in Kooperation mit der grünen Abgeordneten als Thema für die Veranstaltung gewählt und damit fünf bis sechs Dutzend Zuhörerinnen und Zuhörer angelockt haben. Wobei dem seit neun Monaten amtierenden uniko-Präsidenten offenbar die Rolle des Reibebaums zugedacht ist, der auch für die vergangenen sechs Jahre herhalten muss. „Seit 2011 geht es nicht um Finanzierung von Studienplätzen, sondern um Reduzierung von Studienplätzen“, ruft Maurer in das Auditorium. Es handle sich bei dem Modell der  Studienplatzfinanzierung um nichts weniger als die „Trägerrakete für flächendeckende Zugangsbeschränkungen“.

Drop-Outs. Der Psychologe und Kognitionswissenschafter Vitouch versucht das Problem in sachlichem Ton zu entschärfen: Die Zahl der wissenschaftlich Tätigen an den heimischen Universitäten stünde in keinem Verhältnis zur stark anwachsenden Zahl der Studierenden, weshalb es gelte, eine Balance zu erzielen. „Selbst in einem idealen Studium würde es Drop-Outs geben“, repliziert der uniko-Präsident und Rektor der Universität Klagenfurt auf die Vorhalte der Grünen. Nachsatz: „Aber wenn dreimal so viele anfangen wie abschließen, dann ist das absurd.“ Maurer setzt nach: „Bei uns studieren nicht zu viele Menschen. Es geht nicht darum, die Studierenden rauszuschmeißen, sondern zu schauen, dass weniger abbrechen.“

Bei den sogenannten Massenfächern gäbe es unterschiedliche Gründe für den fehlenden Abschluss, hält der uniko-Präsident dagegen. Die Studienplatzfinanzierung führe hingegen – anders als von Maurer behauptet – zu besseren Betreuungsrelationen und damit zu einer besseren Qualität des Studiums: „Sie zwingt die Politik zur Kostenwahrheit, sie muss die Karten auf den Tisch legen“, hält Vitouch fest. „Ich will, dass ein Studium auch die Bezeichnung verdient,   Weiterwurschteln wie bisher bringt uns nicht vorwärts.“ Katharina Paul hat es schwer, in dem verbalen Duell zu Wort zu kommen. Sie hält allerdings die Debatte über Studienplatzfinanzierung generell „für nicht zielführend, weil nicht klar ist, wohin die Universitäten wollen“. Pauls pessimistische Prognose: Die neue Universitätsfinanzierung werde „keine grundlegenden Effekte haben, weder für die Studierenden noch für die Forschung“.

Die Liste der „Top Arbeitgeber 2017“ in Österreich förderte ein für die heimischen Universitäten erfreuliches Ergebnis zutage: Unter den einhundert Dienstgebern mit Bestnoten wurden auch sieben öffentliche Universitäten gereiht, und zwar: Universität Mozarteum Salzburg (Platz 12), Universität Innsbruck (20), Universität Linz (41), Universität Salzburg (74), TU Wien (79), TU Graz (99), Medizinische Universität Graz (100). Die ersten drei Ränge nehmen BMW Motoren Steyr, Austro Control und Brau Union ein. Die 300 „Top Arbeitgeber 2017“ wurden Ende Februar in dem nationalen Titel trend, Ausgabe trend.PREMIUM, 08/2017, öffentlich präsentiert.

INTERNATIONALES

Am Samstag, den 22. April, findet der Vienna March for Science statt, getragen von einer „umfassenden Allianz von Menschen in der Wissenschaft und Menschen mit Interesse an der Wissenschaft“, wie die Initiative auf Ihrer Homepage festhält. Einige Rektorinnen und Rektoren der heimischen Universitäten sind der Einladung, sich in die Unterstützerliste einzutragen, bereits aus eigenem Antrieb gefolgt. Anlässlich seiner gestrigen Sitzung beschloss das Präsidium der Universitätenkonferenz (uniko) auf Vorschlag von Präsident Oliver Vitouch, sich als Institution dem Aufruf zum Vienna March for Science anzuschließen.

Die Universitäten seien frei nach Konrad Paul Liessmann „der Inbegriff dessen, was man Urbanität nennen könnte", erklärte der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko) und Rektor der Universität Klagenfurt Oliver Vitouch in seinem Grußwort anlässlich der von der Universität Innsbruck und der uniko gemeinsam ausgerichteten international besetzten Tagung Mapping UniverCities. Rektoratsmitglieder, prominente Wissenschafterinnen und Wissenschafter sowie Studierende aus dem In- und Ausland hatten sich am 23. und 24. Feber an der Leopold-Franzens-Universität eingefunden, um unter der Moderation von PULS-4-Informationsdirektorin Corinna Milborn in Vorträgen, Diskussionen und Projektvorstellungen der „Vermessung der Beziehungen von Universität und Stadt“ auf den Grund zu gehen.

PUBLIKATION

„Facetten von Flucht aus dem Nahen und Mittleren Osten“: Unter diesem Buchtitel haben die Herausgeber Susanne Binder, Gebhard Fartacek auf 320 Seiten Beiträge über Herkunftsregionen und Hintergründe aktueller Fluchtbewegungen gesammelt. Im Fokus stehen sozialanthropologische Ansätze der Flüchtlingsforschung, Flüchtlingsrouten, Aspekte des Asylwesens, praktische Beratungsarbeit und Integrationsinitiativen im Aufnahmeland sowie psychotherapeutische Perspektiven, die von 18 Autorinnen und Autoren, darunter uniko-Generalsekretärin Elisabeth Fiorioli, beleuchtet werden. Den Abschluss bilden Rekonstruktionen von gedachten und gelebten Zugehörigkeiten oder Abgrenzungen zu kriegerischen Entwicklungen in Syrien, die entlang narrativer Interviews mit Geflüchteten erhoben wurden.

ZITAT DES MONATS

„Die jungen Grünen haben völlig recht: Der Titel Professor (bzw. Professorin) für Lehrer und Lehrerinnen unterhalb des Universitätsbereichs gehört ersatzlos abgeschafft . . . Die andere Möglichkeit wäre, aus Gründen der Gerechtigkeit ausnahmslos alle österreichischen Babys bei Ausstellung des Geburtsscheins zu Professoren zu ernennen und ihnen somit den Lebensweg ein wenig zu verschönern.“

Aus dem Leserbrief von Karl Steinkogler aus Ebensee (OÖ) an DIE PRESSE, Ausgabe vom 24. März 2017.

 

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