NEWSLETTER 4/07
01.06.2007
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Rektor Christoph Badelt
Es gibt gar keinen Zweifel: Dass an Österreichs Universitäten keine Frau die oberste Leitungsfunktion wahrnimmt, ist gesellschaftspolitisch schlecht. Unter dem latenten öffentlichen Erwartungsdruck „Wann kommt die erste Rektorin?" war es nur eine Frage der Zeit, bis die jüngsten Ergebnisse der laufenden Rektorswahlen zum Aufschrei in den Medien führen würden. Zwar hat noch keine/r der medial präsenten Politiker/innen „rechtliche Schritte" gefordert, weil in den sechs Jahrzehnten der 2. Republik keine Frau zum Staatsoberhaupt oder zur Bundeskanzlerin gewählt wurde. Andererseits gehört es zum politischen Alltag, ein akutes gesellschaftspolitisches Problem zum Anlass für parteipolitische Attacken zu nehmen. Lösungen kommen so nicht zustande. Diese sind erst möglich, wenn die hinter den Rektorsbestellungen liegenden Entscheidungsprozesse analysiert werden.
Eine Innovationsstrategie für die heimische Forschungslandschaft „mit einem Systemwechsel von der Mitte zur Spitze“ verlangte der Leiter des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo), Karl Aiginger, anlässlich einer zweitägigen internationalen Konferenz des Wissenschaftsfonds (FWF) zum Thema „Science Impact“ in Wien. Zwar habe Österreich 2006 bezüglich seiner Forschungsquote mit 2,5 Prozent den europäischen Durchschnitt überschritten, vom Richtwert der Forschungsausgaben skandinavischer Länder wie Finnland und Schweden (3,5 bis 4,5 Prozent) sei Österreich aber noch weit entfernt. Aiginger ortete nicht nur hier zu Lande Versäumnisse in der Grundlagenforschung, sondern in ganz Europa: Der Wachstumsknick der vergangenen zehn Jahre hänge eng mit dem Defizit bei der Forschung und Ausbildung von Spitzenkräften zusammen.
Verbindlich im Ton, aber unnachgiebig in der Haltung präsentierte sich der Vorsitzende des Forums Internationales der Rektorenkonferenz (ÖRK) und TU-Wien-Vizerektor Hans Kaiser bei der TV-Runde am 20. Mai, als Politiker und Interessenvertreter das Thema „Zuzug von Ausländern – Bedarf für bestimmte Sektoren?“ erörterten. Vor 218.000 Zusehern/innen der neuen spätabendlichen ORF-Diskussionssendung „Im Zentrum“ bedankte sich der Repräsentant der ÖRK vorweg beim Wissenschaftsressort dafür, dass im Ministerium die fremdenrechtlichen Hürden für den universitären Austausch von wissenschaftlichem Personal und Studierenden erkannt wurden. „Das Problem besteht darin, dass man im Bereich der Forscher durchaus bereit ist, durch eine entsprechende Interpretation der bestehenden Bestimmungen eine Linderung herbeizuführen.“ Nachsatz Kaisers: „Eine Linderung, keine Änderung.“ Die Änderung in Form einer Gesetzesnovelle bleibe daher als Forderung aufrecht.
„Es wird notwendig sein, in der wissenschaftlichen Nachwuchsförderung kräftig anzuschieben - auch die Rektoren wissen, dass Handlungsbedarf besteht.“ Mit diesen Worten legte Walter Berka, Mitglied des Wissenschaftsrates, bei dessen jüngster Pressekonferenz eine Liste von Empfehlungen zur Ausschöpfung der Begabungsreserven im Universitätsbereich vor. Demnach empfiehlt das Beratungsgremium des Wissenschaftsministers, des Parlaments und der Universitäten eine Qualitätsoffensive bei den Doktoratsstudien durch Verbesserung der finanziellen Absicherung des Forschernachwuchses sowie einen Ausbau von Graduiertenkollegs. Berka verwies auf die beachtliche Zahl von 17.000 österreichischen Doktoranden/innen, darunter seien aber zu wenige exzellente Forscher/innen.
Selbst wenn in zweieinhalb bis drei Jahren der Übergang vom Bologna-Prozess zum Europäischen Hochschulraum (EHR) plangemäß abgeschlossen sein wird, wollen die zuständigen Politiker/innen die Hände nicht in den Schoß legen. Die Wissenschaftsminister/innen aus 46 europäischen Ländern gelobten nach einem Treffen Mitte Mai in ihrem „London Communique“ das Jahr 2010 „als Gelegenheit zu begreifen, unsere Hochschulsysteme neu auf einen Kurs einzustellen“. Dieser soll die Hochschulen in die Lage versetzen, sich den zukünftigen Herausforderungen zu stellen, weshalb die Bologna Follow-up-Gruppe gebeten wurde, über den weiteren Ausbau des EHR nach 2010 zu beraten.
Die ÖVP-nahe AktionsGemeinschaft (AG) ist bei der ÖH-Wahl 2007 in der vergangenen Woche erstmals seit sechs Jahren wieder stimmenstärkste Fraktion geworden und hat auch die meisten Mandate in der Bundesvertretung (BV), dem österreichweiten Studentenparlament, errungen. Allerdings reichen ihre 20 Sitze (plus sechs) in der künftig 66 Mandatare umfassenden BV noch nicht für eine Mehrheit. Die derzeitige rot-grüne ÖH-Führung büßte dagegen Stimmen und Mandate ein: Zwar erreichten die Grünen und Alternativen StudentInnen (GRAS) trotz Stimmverlusten mit 15 Sitzen ein Mandat mehr in der Bundesvertretung als bisher - der Verband Sozialistischer StudentInnen (VSStÖ) verlor aber fünf seiner bisher 16 Mandate und kommt nur mehr auf elf Sitze.
Philipp Marxgut neuer österreichischer Wissenschaftsattache in USA
Philipp Marxgut wird neuer Wissenschaftsattache an der österreichischen Botschaft in Washington. Der 30-jährige Mitarbeiter im Bereich Innovation des Infrastrukturministeriums folgt in dieser Funktion Philipp Steger, der die vergangenen sieben Jahre das Office of Science and Technology (OST) aufgebaut hat, nach. Marxgut hat an der Universität Innsbruck ein Politikwissenschafts- und ein Jus-Studium jeweils mit dem Magister abgeschlossen und an der Diplomatischen Akademie noch einen Master of Advanced International Studies erworben. Danach war Marxgut bei der Europäischen Kommission in Brüssel im Bereich Landwirtschaft und im Kabinett des Sonderkoordinators des Stabilitätspaktes für Südosteuropa, Erhard Busek tätig. (APA)
ZITAT DES MONATS
„Ich habe das Gefühl, dass wir in der österreichischen Wissenschaftspolitik einen Allerweltsladen haben, den wir anbieten wollen, und uns vor allem darauf konzentrieren, dem Modell USA nachzueifern.“
Der scheidende österreichische Wissenschaftsattache in den USA, Philipp Steger, in einem APA-Gespräch vom 24. Mai 2007.
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