NEWSLETTER 5/08
06.10.2008
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Rektor Badelt
Vier Tage vor der Nationalratswahl am 28. September mussten noch rasch die Universitäten zur Stimmenvermehrung oder – je nach Sichtweise – zur Verminderung drohender Stimmenverluste der wahlwerbenden Parteien herhalten. In einer hektischen Nachtsitzung peitschte eine parlamentarische Mehrheit aus SPÖ, Grünen und FPÖ kurz vor der Geisterstunde – unbeeindruckt von allen Warnungen – ein Konvolut an Gesetzen durch, das Österreichs Universitäten in der Entwicklung zurückwerfen könnte – sollten die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen nicht zu einer Korrektur der Beschlüsse führen.
Die Warnungen der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko) vor einer überhasteten Änderung des Universitätsgesetzes 2002 (UG) vier Tage vor der Nationalratswahl wurden von den Fraktionen der SPÖ, der Grünen und der FPÖ in den Wind geschlagen. 45 Minuten vor Mitternacht wurden am 24. September im Plenarsaal des Hohen Hauses sowohl die weitgehende Abschaffung der Studiengebühren als auch die teilweise Aufhebung der Zugangsbeschränkungen an den österreichischen Universitäten mit rot-grün-blauer Mehrheit beschlossen.
Beinahe wäre im Trubel der letzten Nationalratssitzung der abgelaufenen Legislaturperiode ein politischer Teilerfolg für die Universitätenkonferenz (uniko) untergegangen: SPÖ, Grüne und FPÖ brachten in ihrem Antragskonvolut noch eine Abänderung zu ihrem Entschließungsantrag „betreffend bessere finanzielle Ausstattung der Universitäten“ ein, der in der Nacht auf 25. September tatsächlich beschlossen wurde. Wörtlich heißt es in dem Text: „Durch öffentliche und private Investitionen sollen die Budgets für den tertiären Bildungssektor ab dem Jahr 2009 bis spätestens 2020 auf 2 Prozent des BIP erhöht werden – das sind jährliche Steigerungen von mindestens 200 Mio. Euro zusätzlich.“ Sollte diese Vorgabe des Gesetzgebers von der nächsten Regierung – welcher Couleurs auch immer – umgesetzt werden, dann wäre eine der wesentlichsten Forderungen der uniko, nämlich die Erstellung einer verbindlichen Roadmap zur Erreichung des Zwei-Prozent-Ziels erfüllt.
Vor zehn Jahren wurde das Modell der Wissensbilanz erstmals in Österreich erprobt – Grund genug für Fachleute aus dem In- und Ausland, am Monatsletzten im Rahmen einer ganztägigen Konferenz in der Akademie der Wissenschaften in Wien die Erfahrungen, Wirkungen und Perspektiven im Hinblick auf die Universitäten zu diskutieren. Als Vertreter der Österreichischen Universitätenkonferenz zog der Rektor der Technischen Universität (TU) Graz, Hans Sünkel, bei der abschließenden Podiumsdiskussion folgendes Resümee: „Die Wissensbilanz ist eines der Instrumentarien, wie die Universität strategisch planen soll.“ Man sollte aber keinen fehlgeleiteten Ehrgeiz entwickeln, „das Unmögliche möglich zu machen“. Schließlich sei bezüglich der Vergleichbarkeit von Wissen „nicht alles messbar“.
Die Fortsetzung des Bologna-Prozesses nach 2010 war eines der vorrangigen Themen, mit denen sich die Präsidien der Rektorenkonferenzen aus Deutschland, der Schweiz und Österreich beim diesjährigen Trilateralen Treffen Ende September an der Freien Universität Berlin beschäftigten. Der Gedankenaustausch führte zu der mehrheitlichen Ansicht, dass die vertikale Mobilität der Studierenden – sprich Bachelor-Abschluss an der Universität X, Master-Studium an der Universität Y – in Zukunft gegenüber der horizontalen Mobilität innerhalb einer Bildungsstufe an Bedeutung gewinnen solle. Zudem wurde vereinbart, die wechselseitigen Äquivalenzabkommen an den Bologna-Prozess anzupassen.
KURZMELDUNG
Erste Veranstaltung zum Bologna-Projekt der uniko
Die Österreichische Universitätenkonferenz (uniko) hat im Mai dieses Jahres ein größer angelegtes Projekt im Themenbereich „Bologna-Reform“ ins Leben gerufen, das vorerst für rund zwei Jahre anberaumt ist. Es handelt sich konkret um drei Bologna-spezifische Projekte zu Themen, die in der nationalen und internationalen Diskussion von großer Bedeutung sind, darunter das Doktoratsstudium neu, die berufliche Relevanz der neuen Abschlüsse Bachelor und Master sowie non-formales und informelles Lernen. Die Projekte sind für den universitären Bereich konzipiert und sollen die Universitäten unterstützen, sich aktiv in aktuelle Diskussionen einzubringen. Die erste Veranstaltung wird am 9. Dezember 2008 an der Medizinischen Universität Wien stattfinden.
ZITAT DES MONATS
„Ich halte es in hohem Maß für unseriös, wenn Abgeordnete, auch wenn sie sich sehr bemühen, nicht in der Lage sind zu erfassen, was sie beschließen.“
Der vormalige Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Karl Korinek, begründet im KURIER vom 26. September 2008 seinen Rücktritt als Universitätsrat an der Universität Salzburg, kurz nach dem Beschluss des Nationalrats betreffend Abschaffung der Studiengebühren und Aufhebung der Zugangsbeschränkungen.
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