NEWSLETTER 8/09
22.12.2009

KOMMENTAR
Die Expansion des österreichischen tertiären Bildungssystems hat in den vergangenen Jahrzehnten eine gewisse „Urwüchsigkeit“ in der Entwicklung von öffentlichen Universitäten, Privatuniversitäten, Fachhochschulen und Pädagogischen Hochschulen erkennen lassen. Die Neuordnung dieses wenig koordinierten Wachstums ist eine der wesentlichen Ziele des Österreichischen Hochschulplans, aus dem sich auch der Prioritätenkatalog für die künftige Tätigkeit des neuen Präsidiums der Universitätenkonferenz (uniko) ableiten lässt. Die bisherigen Kernthemen der uniko, nämlich Universitätsfinanzierung und Universitätszugang, werden auch für das neue Präsidium der uniko im kommenden Jahr ganz oben auf der Agenda stehen. Das dritte Thema ergibt sich fast zwangsläufig aus den beiden ersten, nämlich der Unmut der Studierenden, der einen Großteil der Rektoren seit zwei Monaten beschäftigt und ihnen beim Umgang mit den Protesten ein hohes Maß an Verantwortungsgefühl und Sensibilität abverlangt.
Das Votum für das neue Präsidium der Universitätenkonferenz (uniko) stand bereits nach dem ersten Wahlgang fest: Der Wahlvorschlag mit dem Rektor der TU Graz, Hans Sünkel, an der Spitze wurde in der Plenarversammlung der uniko an der Universität Linz am 14. Dezember mit überwältigender Mehrheit angenommen, womit Sünkel mit Jahresbeginn 2010 die Nachfolge von Rektor Christoph Badelt (Wirtschaftsuniversität Wien) antritt. Badelt hatte nach mehr als viereinhalb Jahren als Präsident der Universitätenkonferenz (bis Ende 2007 Rektorenkonferenz) nicht mehr für eine dritte Amtsperiode kandidiert. Öffentliche Gratulationen für den neuen Vorsitzenden der uniko kamen am Tag seiner Wahl vom scheidenden Bundesminister Johannes Hahn (VP), von dem Vorsitzteam der Österreichischen Hochschülerschaft, den Studierendenvertretern aus Graz und dem Wissenschaftssprecher der Grünen, Kurt Grünewald.
Nach vier Jahren und acht Monaten an der Spitze der Universitätenkonferenz (uniko), vormals Rektorenkonferenz, wollte WU-Rektor Christoph Badelt zum Abschied auf die mediale Begleitmusik nicht verzichten. Pünktlich zur Plenarversammlung am 14. Dezember anlässlich der Neuwahl des künftigen uniko-Präsidenten hatte der scheidende Rektorenchef in zwei Qualitätszeitungen in halbseitigen Interviews eine Bilanz seiner Tätigkeit gezogen, garniert mit wohldosierter, wenn auch schonungsloser Kritik an den Mächtigen des Landes, aber auch an Universitätsangehörigen. „Rektorenchef Badelt wirft Politik Engstirnigkeit vor“, war in der Bundesländerausgabe der Tageszeitung „Der Standard“ sogar als Headline der Aufmacher-Story zu lesen, im Konkurrenzblatt „Die Presse“ setzte es Tadel für die Besetzer in den Hörsälen: „Die Protestbewegung hat sich von einer Lösung entfernt“, lautete der Titel der Hauptgeschichte. Dies hinderte die linksliberale Wiener Stadtzeitung „Falter“ nicht daran, Badelt zwei Tage später als „Hero der Woche“ mit „offenen Ohren für studentischen Frust“ zu würdigen.
Eine „gemeinsame Architektur für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern“ ohne „Bildungssackgasen und Einbahnstraßen“ kündigte Ende der Vorwoche Bildungsministerin Claudia Schmied (SP) bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Wissenschaftsminister Johannes Hahn an. Anlass für den Auftritt war die Übergabe eines Papiers von Expertinnen und Experten, darunter auch Vertreter von Universitäten, die fast ein Jahr lang Empfehlungen zur „Zukunft der pädagogischen Berufe“ ausgearbeitet hatten. Beide Regierungsmitglieder schwelgten in Superlativen und sprachen abwechselnd von einem „Jahrhundertprojekt“ bzw. von einem „Titanenprojekt“. Kern der Überlegungen bilden ein Aufnahmeverfahren für alle künftigen Lehrer/innen sowie ein Drei-Phasen-Modell der Ausbildung, bestehend aus Erstausbildung mit Bachelor-Abschluss, Berufseinführung und Weiterbildung.
Die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) hat Bund und Länder aufgefordert, die Hochschulen schnell mit den vereinbarten zusätzlichen Bildungsausgaben konkret zu unterstützen. Bildung gehöre nicht weiter auf die lange Bank, erklärte HRK-Präsidentin Margret Wintermantel Mitte Dezember in Bonn. Hochschulen und Studierende könnten keinesfalls bis zum Juni auf konkrete Beschlüsse warten. Wintermantel lobte zugleich grundsätzlich, dass mit den Vereinbarungen des Bildungsgipfels eine Grundlage für das weitere Handeln geschaffen worden sei. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Länder hatten sich tags zuvor darauf verständigt, bis zum Jahr 2015 mindestens 13 Milliarden Euro zusätzliche Bildungsausgaben aufbringen zu wollen. Der Bund will davon 40 Prozent tragen. Details sollen aber erst bis zu einem Treffen im Juni 2010 geklärt werden. (AFP)
KURZMELDUNG
Studierendenproteste gehen auch nach Audimax-Räumung weiter
Sechzig Tage nach Beginn der Besetzung hat das Rektorat der Universität Wien am Morgen des 21. Dezember das Audimax räumen lassen. Gegen 6.45 Uhr verließen rund 80 Obdachlose und 15 Studenten auf Aufforderung der Uni-Leitung den Hörsaal, die Polizei musste nicht eingreifen. Bis einschließlich 6. Jänner werden das Hauptgebäude der Uni sowie das Neue Institutsgebäude (NIG) geschlossen, nur Mitarbeiter bekommen Zugang. Die Audimax-Besetzer, die von der Räumung überrascht wurden, denken unterdessen nicht ans Aufgeben, auch an anderen Unis dauern die Proteste an. Die Uni-Leitung hat die Räumung des Audimax und der übrigen von den Besetzern genutzten Räume im Hauptgebäude mit der „dramatischen Sicherheitslage" begründet, die über Weihnachten oder Silvester „unkalkulierbar" geworden wäre. (APA)
ZITAT DES MONATS
„Vielen Dank, Herr Sünkel. Ich habe gelesen, Sie stehen täglich um 4 Uhr in der Früh auf. Ich wünsche Ihnen eine gute Nacht.“
ZIB-24-Moderatorin Lisa Gadenstätter verabschiedet sich am Mittwoch, 16. Dezember, gegen 0.10 Uhr von ihrem Studiogast, dem neu gewählten Präsidenten der Universitätenkonferenz, Rektor Hans Sünkel, in Graz.
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