NEWSLETTER 5/15
20.07.2015

KOMMENTAR
Es lässt sich nicht leugnen: Für die Universitäten in Österreich war im Bundeshaushalt noch nie so viel Geld vorgesehen wie derzeit – für die nächste dreijährige Periode der Leistungsvereinbarungen ca. 10 Milliarden Euro. Das Uni-Budget ist während der letzten Jahre in Österreich mehr gestiegen als bei etlichen anderen EU-Staaten. Erheblich dazu beigetragen haben die Uni-Milliarde von Minister Karlheinz Töchterle sowie die zusätzlichen 615 Millionen von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner. Trotzdem reüssieren die österreichischen Universitäten in den internationalen Rankings, bei denen sich eine klare Korrelation zwischen Rankingplatz und finanzieller Ausstattung herstellen lässt, nicht.
„Einen hochschulpolitischen Diskurs, der diesen Namen auch verdient“, mahnte der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko), Rektor Heinrich Schmidinger, beim mittlerweile traditionellen Bilanzgespräch zum Ende des Sommersemesters Anfang Juli vor den zahlreich vertretenen Journalistinnen und Journalisten ein. Derzeit würden die politischen Reden zu „Stehsätzen“ verkommen, die Universitätsangehörigen dafür rasch von der Realität – auch der „knappen Kassen“ – eingeholt. „Das hat einen unglaublich frustrierenden Effekt“, schickte Schmidinger voraus.
Neben uniko-Präsident Schmidinger nützte auch der scheidende Rektor der Medizinischen Universität Wien, Wolfgang Schütz, das uniko-Pressegespräch, um Bilanz über seine vierjährige Tätigkeit als Vorsitzender des Dachverbandes der Universitäten und des Forums Personal der uniko zu ziehen. Er sparte dabei nicht mit Kritik an dem „Aktionsplan für einen wettbewerbsfähigen Forschungsraum“ des BMWFW, dem zu Folge Österreich auf Grund mangelnder Planbarkeit der wissenschaftlichen Laufbahn nicht ausreichend attraktiv sei, was zu Problemen bei der Entwicklung des Forschungsnachwuchses führe. Die Universitäten hätten seit Inkrafttreten des Uni-Kollektivvertrags viel Wert darauf gelegt, „die besten Köpfe“ aus dem wissenschaftlichen Nachwuchs zu rekrutieren, konterte Schütz. Nachsatz: „Die Universität lebt vom gesunden Austausch, sie ist nicht dazu da, allen eine permanente Laufbahn zu ermöglichen.“
Mit einer Umfrage unter ungarischen Studierenden, abgehalten von der Aktív Fiatalok Kutatócsoport (Forschungsgruppe Aktive Jugend), ließ der Pester Lloyd Mitte Juli aufhorchen: Demnach befassen sich mehr als ein Drittel aller Studierenden in Ungarn mit dauerhaften Auswanderungsplänen. 63 Prozent der befragten Studierenden können sich vorstellen, eine Weile im Ausland zu arbeiten, 52 Prozent auch für eine längere Zeit, 37 Prozent planen sogar „permanent" im Ausland zu leben. Wenige Tage später berichtete übrigens der KURIER unter Berufung auf die Zeitung Rzeczpospolita, dass sich in Polen sogar knapp „jeder zweite Student“, konkret 46 Prozent der 18- bis 31-jährigen Studierenden, zur Arbeitssuche in westlichen Ländern veranlasst sehe.
An den österreichischen Universitäten werden nicht nur die Studierenden immer internationaler: In den vergangenen zehn Jahren wurden außer 2011 jeweils mehr Professorinnen und Professoren von ausländischen Universitäten berufen als aus dem Inland – vor allem von deutschen Hochschulen wechseln viele Wissenschafterinnen und Wissenschafter nach Österreich. Rund ein Viertel wird aus der eigenen Uni berufen.
Die vorläufig letzte Klappe im Rahmen des uniko-Projekts „Ö1-Hörsaal“, der neuen Plattform für den Dialog zwischen Wissenschaft und Gesellschaft, fiel pünktlich zum Semesterschluss: Am 30. Juni 2015 fand die letzte von 13 Präsentationen eines Gewinnerprojektes im Rahmen des vorangegangenen Ideenwettbewerbs statt, und zwar an der Medizinischen Universität Innsbruck. Eine Reihe namhafter Expertinnen und Experten zeigte in einer öffentlich zugänglichen, moderierten Gesprächsrunde Hindernisse und Möglichkeiten bei der Forschungsverwertung und diskutierte die Idee von „Science Angels“, die eine ähnliche Rolle wie Business Angels bei Startups spielen könnten.
ZITAT DES MONATS
„Er nimmt sich sehr der Universitäten an. Ich glaube, er mag uns auch irgendwie.“
Heinrich Schmidinger, Präsident der Universitätenkonferenz, über die 18 Monate Amtszeit von Reinhold Mitterlehner, Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, beim Pressegespräch am 1. Juli 2015.
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