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NEWSLETTER 6/16

23.09.2016

KOMMENTAR

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MORE: Universitäten nehmen Verantwortung für Flüchtlinge wahr

Unter dem Eindruck der Ereignisse im Sommer 2015, die sich in den Bildern von Budapest, von Spielfeld, vom Westbahnhof und vom Burgenland eingeprägt haben und rückblickend eine Zäsur darstellen, die Europa verändert hat, entstand vor einem Jahr die Idee zur Initiative MORE der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko). Das „an die Grenzen Kommen“ geflüchteter Menschen löste eine in dieser Form nicht bekannte Bewegung in der Zivilgesellschaft aus, die zum Entstehen zahlreicher Initiativen zur Unterstützung der Geflüchteten führte, um politische Überforderung und staatliches Versagen zu kompensieren. Viele dieser Initiativen wurden von Studierenden und Angehörigen der Universitäten organisiert, die sich ehrenamtlich engagierten. Dieses individuelle Handeln war und ist immer noch Grundvoraussetzung, dass die Universitäten als Institutionen erfolgreich aktiv werden konnten. Über dieses Engagement der Einzelpersonen hinaus, wollten die Universitäten mit der MORE-Initiative sichtbar machen, dass sie ihre Verantwortung in der Gesellschaft wahrnehmen.

Diese Verantwortung sehen die Universitäten allerdings nicht in der Übernahme staatlicher Aufgaben, sondern in jenem Bereich, der ihre eigentliche Tätigkeit ist. Ihre Rolle ist auch nicht jene der Caritas, sondern es geht darum, Geflüchtete an die Universitäten zu holen und ihnen Zugang zu Bildung zu ermöglichen. MORE ist eine Einladung an diese Menschen, sich Perspektiven für ein Studium zu eröffnen, ihr Wissen und ihre Sprachkenntnisse zu entwickeln. MORE bietet aber auch – im Gegensatz zur Asylunterkunft – einen Ort der Normalität, in dem sich die Menschen nicht über nur den Status „geflüchtet“ definieren müssen. Mit ihrem Studierendenausweis sind sie Teil der internationalen, vielsprachigen und diversen „universitas“ der Lehrenden und Studierenden. Ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und Kompetenzen stehen im Vordergrund, nicht ihre Herkunft oder ihr Fluchtschicksal.

Good Practice. Das Angebot von MORE wurde im Pilot-Semester (WS 2015) von 663 Personen angenommen, im Sommersemester 2016 waren es bereits 1106 MORE-Studierende. Zusätzlich haben viele Universitäten Förderstipendien aufgelegt und das Thema Flucht und Integration im Rahmen von wissenschaftlichen Projekten und Lehrveranstaltungen aufgegriffen. Mit MORE haben die Universitäten auch außerordentlich hohe öffentliche Sichtbarkeit erlangt, sowohl international als auch national. Das Projekt wurde von der EU-Kommission als Good Practice vorgestellt und tatsächlich gibt es keinen Staat, in dem sich alle Universitäten landesweit zu einer vergleichbaren Initiative zusammengetan haben. Auf nationaler Ebene war ein positives Highlight die Nominierung für den Mig Award 2016, insgesamt erschienen über MORE zwischen September 2015 und September 2016 über 150 Berichte in Print- und Online-Medien.

Als die wenig lichtvollen Momente öffentlicher Wahrnehmung können wohl die vier parlamentarischen Anfragen der FPÖ angesehen werden, die in Sorge um eine mögliche Benachteiligung österreichischer Studierender das Parlament unter anderem mit der Frage beschäftigt hat, „wie viele Streicher (Violine, Viola, Cello, Kontrabass), sehr geübte Bläser oder Schlagwerker sich bis dato für das Universitätsorchester der Universität Salzburg angemeldet [haben]“.

Verbale Unterstützung kommt erfreulicherweise immer wieder von Bundesminister Reinhold Mitterlehner, wie erst in seinem jüngsten Pressegespräch. Was von Seiten des Ressorts aber fehlt, ist finanzielle Unterstützung. Weder vom Wissenschafts- noch vom Integrationsministerium ist bisher ein Cent in die Initiative geflossen – übrigens auch eine europäische Einmaligkeit, da in anderen Staaten, wie z.B. Deutschland oder Schweden, die Regierungen durchaus Förderungen für Einzelinitiativen der Universitäten bereitstellen. Mindestens so wichtig wie Geld wäre auch die Umsetzung einiger Maßnahmen.

Spracherwerb. Tatsächlich scheitert der Zugang zum Studium – das hat die Erfahrung mit MORE-Studierenden deutlich gezeigt – an grundlegenden Dingen, nämlich dem Spracherwerb und der finanziellen Lage der Studierenden. Konkret braucht es Stipendien für die Absolvierung des Vorstudienlehrganges und zielgruppenspezifische Intensiv-Deutschkurse bis Niveau C1. Eine weitere sinnvolle und einfache Maßnahme wäre die Öffnung der Studienberechtigungsprüfung auch für Nicht-EWR-Staatsbürgerinnen und -Staatsbürger. Damit Geflüchtete aber überhaupt auf diese Angebote zugreifen können, brauchen sie Menschen an ihrer Seite, die mit dem Verwaltungssystem genauso wie mit dem Universitätsalltag vertraut sind. Das derzeitige (ehrenamtliche) Buddy-System sollte finanziell honoriert und durch Supervisionsangebote gestützt werden.

Dieselben Maßnahmen sind auch für Personen vorzusehen, die ihr ausländisches abgeschlossenes Studium von einer Universität anerkennen, d.h. nostrifizieren lassen wollen, um Zugang zu einem Beruf zu erlangen. Auf den Punkt gebracht: Ein treffgenaues Stipendiensystem ist mit Sicherheit eine bessere Investition von Steuergeldern, als die vielgesuchten „klugen Köpfe“ möglicherweise jahrelang in der Abhängigkeit von Sozialleistungen zu halten. Hier ist die Politik gefordert, eine zielgenaue Anpassung der Förderinstrumente vorzunehmen.

 

INLAND

Erste Skizzen einer Exzellenzinitiative österreichischen Zuschnitts für die heimischen Universitäten zeichnete am 7. September der Präsident der Universitätenkonferenz (uniko), Rektor Oliver Vitouch, im Rahmen einer von der uniko veranstalteten Diskussion zum Thema „Zwischen Exzellenz und Relevanz: Welche Strategie für eine moderne Universität?“.

Nach dem vorangegangenen Vortrag von Antonio Loprieno, Vorsitzender des Wissenschaftsrats (im APA-Bild links), erklärte Vitouch in den Räumen der Raiffeisen Zentralbank in Wien, es spräche viel für einen „konsequenten Ausbau kompetitiver Instrumente“. Dies hätte zur Folge, dass die Universitäten „neue Stärkefelder“ sprießen lassen, auch in Form von Themenverbünden, also kooperativ über mehrere Standorte. „Dabei geht es nicht um das Modell einer vollends zugespitzten Pyramide wie etwa in den USA, sondern um ein Hochplateau, auf dem sich mehrere Universitäten mit ihren jeweiligen Schwerpunktsetzungen versammeln können“, betonte der uniko-Präsident.

INLAND
INLAND

„Universitäten spielen eine zentrale Rolle, auch in der Weiterbildung. Durch den engen Konnex zu Wissenschaft und Forschung garantieren wir, dass unsere Lehrinhalte auf hohem Niveau und am Puls der Zeit sind.“ Mit dieser Botschaft begrüßte Anna Steiger, Vizerektorin der TU Wien für Personal und Gender, Mitte September das Auditorium im Festsaal der Universität Wien anlässlich der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für wissenschaftliche Weiterbildung (DGWF), die gemeinsam mit AUCEN, dem Netzwerk für universitäre Weiterbildung und Personalentwicklung der österreichischen Universitäten, und der Universität Wien ausgerichtet wurde. Als Sprecherin von AUCEN hielt Steiger fest: „Gefordert sind wir aber auch zu erkennen, was ‚,der Markt‘ – unsere Kundinnen und Kunden – brauchen und wollen.“

„Universitätsautonomie und Theologien. Zu einem (un-)aufgeklärten Spannungsverhältnis“: Zu diesem Thema hatte sich am 23. August des Jahres auf Einladung der Universitätenkonferenz im neuen Alpbacher Kongresszentrum eine illustre Runde von Persönlichkeiten eingefunden, die im Rahmen der Alpbacher Hochschulgespräche unter der Moderation von Vizerektorin Andrea Braidt (Akademie der bildenden Künste) versuchten, allfällige vorhandene Konfliktfelder aufzuspüren. Ob und wie weit die Autonomie der Alma Mater etwa durch kirchliche Einflussnahme eine Einschränkung erfährt, darüber wurden unterschiedliche Auffassungen erkennbar. Die Feststellung, dass die katholische Kirche eine Sonderstellung genieße, blieb weitgehend unwidersprochen.

INTERNATIONALES

Für den wirtschaftsliberalen Think Tank Agenda Austria löst die jüngste OECD-Studie „Bildung auf einen Blick“ samt Reaktionen mittlerweile ein Deja-vu-Erlebnis aus, das die Proponenten so artikulierten: „Und jährlich grüßt das Murmeltier“ – eine Anspielung auf den Titel jener US-Filmkomödie aus den 90er-Jahren, die als Darstellung einer Zeitschleife gilt, in der sich alle Ereignisse in immer gleicher Abfolge wiederholen. Die öffentliche Debatte kreise, so die Agenda Austria, auch 2016 einmal mehr darum, „dass es Kindern in Österreich so selten wie kaum woanders gelinge, eine höhere Bildungsstufe als ihre Eltern zu erreichen“. Aber: „In Wahrheit handelt es sich um ein Paradebeispiel dafür, wie die oberflächliche Analyse einer irreführenden Statistik zu trügerischen Ergebnissen führt.“

PERSONALIA

In den Räumlichkeiten der Salzburger Residenz wurde in Anwesenheit von Landeshauptmann Wilfried Haslauer der Rektor der Universität Salzburg, Heinrich Schmidinger (62), Ende Juli von Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet. Unter dessen Leitung habe sich die Universität Salzburg „mit großer Dynamik zu einer modernen, international orientierten Bildungs- und Forschungseinrichtung entwickelt", betonte Mitterlehner. Schmidinger ist seit 2001 Rektor der Universität und stand zudem von Oktober 2011 bis Ende 2015 an der Spitze der Universitätenkonferenz.

ZITAT DES MONATS

„Solange die heimische Hochschulpolitik bei den zwei zentralen Themen, nämlich Finanzierung und Zugang, im Status quo verharrt, wird Österreichs Universitäten in den großen gesamtuniversitären Rankings kein Sprung unter die besten 100 gelingen.“

Oliver Vitouch, Präsident der Österreichischen Universitätenkonferenz, nimmt in der Aussendung vom 21. September 2016 zu den Ergebnissen des jüngsten THE-Rankings Stellung, in dem die Universität Wien als beste heimische Hochschule auf Platz 161 gereiht wird (fünf weitere finden sich auf den Plätzen zwischen 251 und 500). 

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