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NEWSLETTER 2/18

22.03.2018

KOMMENTAR

Als Geburtsstunde der Angewandten gilt das Jahr 1867, in dem Kaiser Franz Josef das Dekret zur Errichtung einer Kunstgewerbeschule unterzeichnete. 1868 begann der Studienbetrieb mit 78 Studierenden, Männern und Frauen. Zum Vergleich: Heute, 150 Jahre später, zählt die Angewandte rund 2000 Studierende. Die Gründungszeit war eine Zeit der Umbrüche und der Aufbruchsstimmung. Das Bürgertum agierte gegenüber Adel und Klerus zunehmend selbstbewusst, basierend auf wirtschaftlichem Erfolg und steigenden Bildungsniveau. Bildung blieb nicht mehr ausschließlich dem Klerus und Adel vorbehalten, „Bildungsbürger“ drängten gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Schlüsselberufe für die gesellschaftliche Entwicklung. So auch in die Künste.

INLAND

Durchaus erfreut reagierte die Präsidentin der Universitätenkonferenz Eva Blimlinger auf die Budgetpläne der Bundesregierung betreffend die Universitäten, die von Wissenschaftsminister Heinz Faßmann (ÖVP) am 16. März präsentiert wurden. „Wir sind sehr zufrieden, dass es dieses Geld für die nächste Leistungsvereinbarungs-periode gibt. Es geht darum, die Betreuungsrelationen in den sogenannten Massenfächern zu verbessern“, sagte Blimlinger tags darauf im ORF-Radio. Die Betreuungsrelationen müssten aber auch in Fächern, die jetzt sehr gut sind, erhalten werden. Nachsatz: „Die Studierenden werden das noch nicht – oder kaum – im nächsten Jahr spüren, aber beginnend ab 2020, indem sie einen Platz im Hörsaal, im Labor oder in einem Seminar kriegen.“

Erstmals zu Gast in einer Plenarversammlung der Universitätenkonferenz (uniko) ließ sich Bundespräsident Alexander Van der Bellen am 5. März im Gedankenaustausch mit den Rektorinnen und Rektoren an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) über die derzeit wichtigsten Anliegen informieren. uniko-Präsidentin Eva Blimlinger nannte drei vorrangige Punkte, bei denen die Universitäten auch auf die Unterstützung durch das Staatsoberhaupt setzen: die Umsetzung der UG-Novelle mit dem ersten Schritt zur Studienplatzfinanzierung im Rahmen der nächsten drei Jahre ab 2019, die Einlösung der zugesagten zusätzlichen Mittel für den Wissenschaftsfonds (FWF) sowie den Abschluss des neuen Forschungsrahmenprogrammes (FP9) der Europäischen Union, das in den Zeitraum der österreichischen EU-Präsidentschaft ab Juli 2018 fällt.

Die Freiheit der Forschung: „Am liebsten Mainstream“

„Wer bestimmt die Forschung?“ lautete die Frage unter dem Thema „Freiheit mit Wenn und Aber“, das eine illustre Diskussionsrunde auf Einladung von APA Science am 13. März an der TU Wien erörterte. Komplexitätsforscher Stefan Thurner, frisch gekürter Wissenschafter des Jahres,  nahm sich kein Blatt vor den Mund: „Das größte Problem in der Community ist: Die Leute, die frei sind, nutzen ihre Freiheit nicht. Am liebsten wird Mainstream-Forschung betrieben.“ In diesem Fall drohe allerdings die Gefahr, dass das System ineffizient werde, warnte Thurner und verwies auf die USA: Dort werde mittlerweile angesichts der Ergebnisse argumentiert, es komme nichts heraus, „wir können das abdrehen“.

Ulrike Felt, Dekanin an der Universität Wien und Leiterin der Forschungsplattform Responsible Research, stellte fest, dass die Freiheit der Wissenschaft „wie eine Standarte vor uns hergetragen wird“. Dabei fehle das Wissen, was es zu schützen gelte. Nicht die Freiheit der Forschung sei das Problem; es gehe darum, „was die Wissenschaft für die Gesellschaft, in und mit der Gesellschaft tun soll“. Felt übte Kritik am „Zustand der heutigen Universitäten“, wo bei den Arbeitsbedingungen vielfach „die Räume geschrumpft“ seien, als Folge der geringen Basisfinanzierung.

Militärische Forschungsausgaben. Der Präsident des Wissenschaftsfonds FWF, Klement Tockner, hatte zuvor in seiner Keynote die zunehmende Privatisierung der Wissenschaftslandschaft hervorgekehrt und angemerkt, dass drei Viertel der Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der OECD bereits von Industrie und Militär kämen. „Auf die öffentliche Hand entfällt nur mehr ein Viertel, mit sinkender Tendenz", erklärte der FWF-Präsident. Am meisten würden US-Militäreinrichtungen und -Geheimdienste investieren, aber auch große Konzerne wie Volkswagen, Samsung oder Roche hätten durchaus größere Forschungsbudgets zur Verfügung als manche Staaten. Für Österreich forderte Tockner Initiativen für attraktive wissenschaftliche Karrieren, damit die kreativsten Köpfe „dem Land nicht verloren gehen“.

Christian Smoliner, Leiter der Abteilung Forschung/Innovationen/Zukunft im Wissenschaftsministerium, skizzierte die Rolle seines Dienstgebers so: Das Ministerium müsse in Zeiten des Mainstreams auch „Orte der kreativen Unruhe schaffen“, gleichzeitig brauche es Orte kreativer Ruhe für langfristigere Themen und Karrieren. Von der notwendigen Risikobereitschaft sei man hierzulande nach den Worten Smoliners „weit entfernt“. Im Übrigen könne es auch heilsam sein, „einmal nichts zu publizieren“. Grundsätzlich stellte der Ministeriumsbeamte fest: „Wir brauchen Vertrauen von der Wissenschaft zur Verwaltung – und umgekehrt.“

GEDENKVERANSTALTUNG

Als „gespenstisches Datum“ bezeichnete der Rektor der Medizinischen Universität Wien, Markus Müller, den 12. März, anlässlich der Gedenkveranstaltung zum sogenannten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich exakt 80 Jahre danach. In den Räumen der heutigen MedUni Wien verwies der Rektor auf die Koinzidenz des 12. März als Gründungstag der Universität Wien vor 653 Jahren und den 12. März des Jahres 1938 – die „größte Zäsur in der Geschichte der Universität Wien“, von der die damalige Medizin-Fakultät durch die Vertreibung von mehr als 50 Prozent des Kollegiums doppelt betroffen gewesen sei. Mit einer gemeinsamen Tagung „Wehrhafte Demokratie – 1938/2018“ versuchten die Universitäten Wien und die heutige MedUni Wien am 12./13. März aufzuzeigen, welche Lehren aus der Geschichte zu ziehen seien.

INTERNATIONALES

Mitte Feber feierte die Tschechische Rektorenkonferenz in Anwesenheit zahlreicher Magnifizenzen aus den Nachbarländern ihr 25-Jahre-Jubiläum: im Bild der Einzug der Rektoren und Rektorinnen in die mittelalterliche Aula Magna des Karolinums, den Festsaal des historischen Hauptgebäudes der Universität Prag (gegründet 1348) – links Oliver Vitouch, Rektor der Universität Klagenfurt und Vizepräsident der Österreichischen Universitätenkonferenz; rechts Udo Hebel, Präsident der Universität Regensburg und stellvertretender Vorsitzender der Bayerischen Universitätenkonferenz; im Torbogen links: Rolf Tarrach, Präsident der European University Association (EUA).

ZITAT DES MONATS

„Es war eine fast tägliche Frustration, wie substanzlos sich der politische Dialog gestaltet. Vieles in der Plenardebatte ist Spiel, Inszenierung, Theater, eigentlich ist alles schon beschlossen. Es ist ganz öde.“

Karlheinz Töchterle, vormals Rektor und Wissenschaftsminister, dann Nationalratsabgeordneter der ÖVP bis Ende 2017, beim Symposium am 8. März 2018 zum Thema „Das Dialogische Prinzip – Aktualität über 100 Jahre“ an der Universität Salzburg, seine Erfahrungen im Parlament reflektierend.

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