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Newsletter 2/24

04.07.2024

#EU-Forschungsprogramm FP10

In wenigen Monaten starten die offiziellen Verhandlungen für das EU-Forschungsrahmenprogramm 2028 bis 2034. Um die Innovationskraft Europas zu erhalten, unterstützt die österreichische Universitätenkonferenz die vielfach erhobene Forderung, das FP10-Budget auf 200 Milliarden Euro zu verdoppeln. Die uniko-Positionen zu FP10 wurden auf der Plenarversammlung in Klagenfurt am 24. Juni einstimmig verabschiedet.

#NEUEREKTORIN

"Durch gemeinsame Werte wird die Universität zu einem Vorbild"

Med Uni Graz-Rektorin Andrea Kurz über schwindende Menschlichkeit und Vertrauensverlust in einer ego-zentrierten Leistungsgesellschaft

Es ist 30 Jahre her, als ich zum ersten Mal in die USA zog. Damals ging ich für ein Jahr nach San Francisco, um eine Forschungsausbildung zu erhalten, die ich dann nach Österreich zurückbringen wollte. Aus einem Jahr wurden drei Jahre, ich habe meinen Mann kennengelernt, meine Tochter Alexandra wurde in San Francisco geboren, fünf Jahre später meine Tochter Anna in St Louis. Und so nahm das Leben einen ganz anderen Lauf als den, den ich mir vorgestellt hatte.

Ich bin allerdings sehr dankbar, dass ich in den Vereinigten Staaten sein konnte, und ich bin auch dankbar, dass ich nun zurück in Österreich sein kann, und nun vielleicht ein bisschen verspätet nach 27 Jahren etwas von dem, was ich gelernt habe, hierher zurückbringen kann. Ich freue mich auch, wieder hier zu sein, weil meine Mutter hier ist.

Meine Eltern haben meiner Schwester und mir eine sehr gute allgemeine Bildung mitgegeben und viel wichtiger noch, eine gute Herzensbildung. Sie haben uns Werte mitgegeben, die uns in unserem ganzen Leben geleitet haben, und die wir hoffentlich an unsere Kinder weitergeben konnten. Werte wie Respekt, Ehrlichkeit, Empathie, Transparenz sind meinem Rektoratsteam und mir sehr wichtig. Speziell, wenn wir wissen, wie schnell man in einem geschäftigen und hektischen Leben von diesen Werten abkommen kann. Sie bezeichnen etwas, das positiv ist, erstrebenswert, moralisch gut. Es sind tief verwurzelte Überzeugungen, Einstellungen, Bedürfnisse, welche von den Mitgliedern einer Gemeinschaft geteilt werden und zu deren Identität und Kultur führen. Hier an der Medizinischen Universität Graz sind wir eine solche Gemeinschaft, und in diesem kollektiven System sind die gemeinsamen Werte die wichtigste Grundlage für alle, so hoffe ich, sinnstiftenden Verbindungen. Sie prägen unser Denkmuster, sie prägen unsere Handlungen, und damit wird die Universität zu einem Vorbild.

Menschlichkeit ist mit Vertrauen verbunden

Werte werden gelebt, von top down to bottom up, egal, in welchen Positionen wir uns gerade in unserer Gesellschaft befinden. Sie werden aber auch von allen empfunden, und so prägen sie unseren Umgang miteinander und unsere Menschlichkeit.

Menschlichkeit ist mit einem anderen elementaren Wert, nämlich Vertrauen, verbunden. Vertrauen schafft Nähe, es stärkt uns nicht nur persönlich, sondern auch im Umgang miteinander. Vertrauen in die eigene Person, Vertrauen in uns alle. Ich glaube, es ist das Vertrauen, das unserer Gesellschaft heute etwas abhandengekommen ist. Schauen wir uns das an: Vertrauen in die Medizin, Vertrauen in die Politik, Vertrauen in die Umwelt usw.  Ich weiß auch nicht, wie man das Vertrauen wiederherstellen kann, aber ich weiß, man muss im Kleinen beginnen. Ich zum Beispiel habe vollstes Vertrauen in mein Rektoratsteam.

Menschlichkeit hat auch mit Respekt, Akzeptanz und Hilfsbereitschaft zu tun. Werte, die wir alle als Kinder mitbekommen, die aber in unserer Leistungsgesellschaft oft mit Unachtsamkeit, Egoismus und ja, auch durch Ignoranz verdrängt werden.

Das Wesentliche nicht aus den Augen verlieren

Nun zu meinem Lieblingsbuch. Wie sagte schon der kleine Prinz: Alle großen Leute sind einmal Kinder gewesen, aber die wenigsten erinnern sich daran. Die Erzählungen des kleinen Prinzen sind als Kritik am Konsumverhalten unserer Gesellschaft und speziell der Erwachsenenwelt gedacht. Die sogenannten großen Leute in der Erzählung symbolisieren die schwindende Zwischenmenschlichkeit, während kleinere Personen, die der kleine Prinz auf seiner Reise trifft, Charakteristika der Menschlichkeit aufweisen. Es wird verdeutlicht, wie einsam der Mensch geworden ist, indem er sich so sehr auf sich selbst fokussiert, sich selbst wichtig nimmt, und dabei das Wesentliche aus den Augen verliert.  An einer anderen Stelle in diesem Buch heißt es: Wenn ihr den Erwachsenen sagt, ich habe ein schönes Haus aus rosaroten Backsteinen gesehen, mit Geranien an den Fenstern und Tauben auf dem Dach, dann können sie sich dieses Haus nicht vorstellen. Wenn ihr jedoch sagt: Ich habe ein Haus gesehen, das 100.000 Euro kostet, dann rufen sie: Wie hübsch!

Als Universität stehen wir für Verständnis für andere und für anderes. Wir sehen über den Tellerrand hinaus, wir übernehmen Verantwortung und gestalten unsere Zukunft aktiv, without fear or favour. Wir verstecken uns nicht hinter dem Alten, Gewohnten, Bequemen. Was die Zukunft betrifft, geht es nicht so sehr darum, sie vorauszusehen, sondern sie möglich zu machen. Wir haben viele engagierte, begeisterte innovative Mitarbeiter:innen und Studierende. Sie sind es, was die Universität ausmacht.

Eigendefinition: Immerwährender Wissens- und Gestaltungsdrang

Was uns auch definieren soll, ist der Mut zu Neuem, immerwährender Wissens- und Gestaltungsdrang, Neugierde und Offenheit. Zusammenarbeit als Motor für Innovation und Fortschritt. Nur so können wir eine Weiterentwicklung der Patientenversorgung, der Lehre und der Forschung und natürlich unserer Gesellschaft garantieren. Jeder und jede Einzelne von uns muss sich der Möglichkeit und der Verantwortung bewusst sein, zur Verbesserung der Gesellschaft beizutragen. Dafür und für ein respektvolles Umfeld, Ehrlichkeit, Empathie und transparente Kommunikation stehen wir in unserem Rektoratsteam.

Mein Appell an alle hier lautet, an der Zukunft zu arbeiten und das tägliche Handeln bewusster und achtsamer wahrzunehmen, zu lenken und vielleicht nicht nur persönliche Ziele zu verfolgen. Zuletzt noch eine Passage aus dem kleinen Prinzen: Die Menschen haben Sterne, aber sie sind nicht gleich. Für die einen, die reisen, sind es Leitsterne, für andere sind es einfach nur Lichter. Für wieder andere, die Gelehrten, sind sie die Probleme. Für meinen Geschäftsmann war es Gold. Aber alle Sterne schweigen. Du aber hast Sterne, die lachen. Und wenn du dich getröstet hast, und man tröstet sich ja immer, wirst du froh sein, mich gekannt zu haben. Du wirst immer mein Freund sein. Du wirst Lust haben, mit mir zu lachen. Und deine Freunde werden sehr erstaunt sein, wenn sie sehen, dass du in den Himmel blickst und lachst. Dann wirst du ihnen sagen: Die Sterne bringen mich immer zum Lachen. Sie werden dich für verrückt halten. Ich werde dir ein Geheimnis sagen: Die Sterne, die reisen, lachen. Sie lachen aus Freude über das, was sie auf der Erde sehen. Ich wünsche mir für uns alle viele, gemeinsame, lachende Sterne.

Auszüge aus der Inaugurationsrede von Rektorin Andrea Kurz, gehalten am 14. Juni 2024 an der Med Uni Graz. Andrea Kurz ist am 15. Februar 2024 die Nachfolge von Hellmut Samonigg an der Spitze der Med Uni Graz angetreten

 

#unikoPUBLIKATION

Der neue uniko-Jahresbericht ist vor kurzem publiziert worden. Auch wenn er per definitionem eine Rückschau auf 2023 darstellt, enthält er reichlich Lesestoff zu Themen, die auch aktuell auf der Tagesordnung stehen: Angefangen vom Budgetrahmen, auf dessen Basis gerade die Detailverhandlungen zu den neuen Leistungsvereinbarungen stattfinden, über Vorschläge, das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken bis hin zu europäischen Anstrengungen, mit attraktiveren Forscher:innenjobs Braindrain aus der EU in Richtung USA zu verhindern.

#PROMOLI

Das Förderprogramm "Promovieren ohne Limit" (PromoLi) ist in der Verlängerung. Kürzlich wurde das Vergabeverfahren für sechs neue Promotionsstellen für Menschen mit Behinderung und/oder chronischer Erkrankung abgeschlossen. "Die Stellen wurden mittels eines kompetitiven Verfahrens vergeben. Nach der Ausschreibung der Stellen an den jeweiligen Universitäten gingen zahlreiche beeindruckende Bewerbungen ein. Durch die Förderung werden hervorragende PhD-Projekte in unterschiedlichsten Fachdisziplinen ermöglicht, die auch die Diversität der Forschungslandschaft abbilden", sagt die Vorsitzende des uniko-Forums Personal, Vizerektorin Gerda Müller (mdw). 

#ZITAT

„Die EU will auch in Zukunft der vorteilhafteste Lebensraum der Welt bleiben, hinsichtlich Bildung, Gesundheit, Wohlstand und Wohlergehen der gesamten Bevölkerung. Wissenschaft, Forschung und leistungsfähige Hochschulen sind Schlüsselfaktoren dafür“

uniko-Präsident Oliver Vitouch

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