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Nationalratswahl und Regierungsbildung 2024/25

Brief der uniko an die Regierungsverhandler:innen

Positionen und Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Hochschulsektors

Am 21. November 2024 hat die uniko den Regierungsverhandler:innen von ÖVP, SPÖ und Neos einen Brief geschrieben, in dem die Positionen und Forderungen der öffentlichen Universitäten zur Weiterentwicklung des Hochschulsektors enthalten und begründet sind. Mit gutem zeitlichen Abstand informieren wir nun auch die Öffentlichkeit über unsere Empfehlungen an die künftige Bundesregierung. Hier der Brief im Wortlaut

"Als Universitätenkonferenz (uniko) haben wir den Start der Koalitionsgespräche zum Anlass genommen, die Programme von ÖVP, SPÖ und NEOS für Wissenschaft, Forschung und den Hochschulsektor zu analysieren und mit unseren eigenen Vorschlägen, die wir im Sommer publiziert haben, abzugleichen.  Wir freuen uns, dass wir Ihnen unser Programm „Universitäten 2030: Was zu tun ist“ im Anhang zukommen lassen dürfen und heben im Folgenden einige, aus uniko-Sicht zentrale Punkte hervor.

Die öffentlichen Universitäten mit ihren 262.000 Studierenden und mehr als 63.000 dort arbeitenden Personen benötigen eine solide und verlässliche Finanzierungsgrundlage. Die soeben abgeschlossenen Leistungsvereinbarungen über rd. 16 Milliarden Euro sind eine gute Basis für die nächsten drei Jahre. Die neue Regierung wird über die Anschlussfinanzierung entscheiden müssen, und wir weisen vorsorglich darauf hin, dass die Bedeutung des universitären Sektors für Österreichs Wettbewerbsfähigkeit angesichts der vielfältigen Herausforderungen immer größer wird. Schon derzeit stammen laut WIFO zehn Prozent des jährlichen BIP von den Hochschulen.

Wirtschaftsimpulse werden künftig noch stärker von Forschung und Exzellenz abhängen. Sinkende Wirtschaftsleistung kann nur durch Innovation kompensiert werden, und die Innovationsimpulse kommen aus der Forschung sowie von bestens ausgebildeten Universitätsabsolvent*innen. Laut WIFO führen 81 Prozent aller Unternehmen mit Hochschulkooperationen Marktneuheiten ein.  Anzustreben ist aus Sicht der uniko eine Forschungsquote von vier Prozent und die Verlängerung und Höherdotierung des Fonds Zukunft Österreich. Wir schließen uns hier den Empfehlungen des FORWIT für die künftige FTI-Politik an.

Die öffentlichen Universitäten bilden den weitaus größten Teil der dringend benötigten, hochqualifizierten Arbeitskräfte aus. Wir unterstützen deshalb ausdrücklich Maßnahmen einer künftigen Bundesregierung, die einen raschen Studienabschluss ermöglichen. Wir verweisen auf unseren diesbezüglichen Vorschlag, Studierenden eine leistungsbezogene Grundsicherung (mit etwaiger Rückzahlungskomponente) anzubieten.

Bei der Weiterentwicklung des Hochschulsektors sind statt des herrschenden Wildwuchses Strategie und Struktur gefragt. Die öffentlichen Universitäten sind der Dreh- und Angelpunkt für Exzellenz in Forschung und Lehre. Von einem weiteren unkoordinierten Ausbau des tertiären Bildungssektors ist dringend abzuraten, vor allem aus Qualitäts- Effizienz- und Kostengründen. 

Die notwendige Profilschärfung im Hochschulsektor muss durch eine stringente Aufgabenteilung unter den Sektoren erfolgen. Die Einführung eines Promotionsrechts für Fachhochschulen würde diesem Prinzip widersprechen, mit hohem Kostenaufwand verbunden sein und keinen Mehrwert für den Arbeitsmarkt bringen. Nur die Universitäten verfügen über die notwendige kritische Masse originärer Forschung und Infrastruktur, um ein exzellentes Forschungsumfeld nach internationalen Standards zu gewährleisten. Die Universitäten sehen es jedoch positiv, falls die bei Doktoratsstudien bereits praktizierte Kooperation von Universitäten mit Fachhochschulen (z.B. das Doc.funds Programm des FWF) breiter ausgerollt würde.

Auch in anderen Bereichen, etwa bei den pädagogischen Hochschulen, ist vom Aufbau teurer Parallelstrukturen dringend abzuraten, sondern im Gegenteil, es würden durch Fusionen mit den Universitäten Geldmittel für die Forschung und bessere Betreuungsverhältnisse frei werden.

Ein effizienter Einsatz der Mittel kann zudem durch Bürokratieabbau wesentlich unterstützt werden. Dazu gehört vor allem eine Verschlankung des Berichtswesens, aber auch die adäquate Berücksichtigung in Gesetzen, die staatlichen und staatsnahen Einrichtungen und Unternehmen mit öffentlicher Beteiligung gelten (Bsp. Medientransparenzgesetz).

In Hinblick auf die bekannte Forderung mancher Politiker*innen, die Anzahl der Medizinstudienplätze zu erhöhen, weisen wir erneut darauf hin, dass die Ursache für den gefühlten Ärzteengpass nicht an den Universitäten zu finden ist, sondern in der Organisation des Gesundheitssystems, speziell an der Schnittstelle zum Berufseinstieg junger Ärzt*innen. Wir empfehlen hier eine Ursachen- statt einer Symptombekämpfung.

Im Interesse der Zukunft unseres Landes wünschen wir Ihnen viel Erfolg bei den Regierungsverhandlungen und stehen sehr gerne für vertiefende Gespräche zur Verfügung."

Fragen an die Spitzenkandidat:innen der wahlwerbenden Parteien

Die Frage, wie es die politischen Parteien mit der Wissenschaft halten, ist nicht allein ein Thema für Studierende, Wissenschaftler:innen und Künstler:innen. Damit Wissenschaft sich entfalten kann, braucht sie die richtigen Rahmenbedingungen, die der neu gewählte Nationalrat in der kommenden Legislaturperiode gestalten wird. Zugleich ist die Politik auf wissenschaftliche Erkenntnisse und Expertise angewiesen, um auf deren Grundlage fundierte Entscheidungen zum Wohle der Allgemeinheit zu treffen.

Die uniko hat daher vor der Nationalratswahl die derzeit im Parlament vertretenen Parteien zu ihren Positionen und Programmen befragt. Unten lesen Sie die Antworten. (Die dargestellte Reihenfolge der Parteien orientiert sich am Stimmenanteil 2019). Eine Zusammenfassung der Antworten gibt es hier.

1. Welche Rolle spielt bei Ihren politischen Entscheidungen wissenschaftliche Expertise?

2. Welche Punkte Ihres Wahlprogramms sind unter Heranziehung wissenschaftlicher Expertise formuliert worden?

3. Was halten Sie von einem Ressort, in dem die Kompetenzen für Universitäten, Forschung und Innovation gebündelt wären?

4. Wenn Sie das Wissenschaftsministerium zu besetzen hätten: Welche Kompetenzen müsste ein:e Wissenschaftsminister:in unbedingt mitbringen?