KOMMENTAR
Kostenwahrheit und Orientierung an Kapazitäten
Zur Notwendigkeit einer Studienplatzfinanzierung abseits von Wahlterminen
Ob sich ein Finanzierungsmodell erfolgreich anwenden lässt, hängt allemal auch von der inneren Einstellung jener Einrichtungen ab, deren Budgets danach berechnet werden sollen. Die letztlich entscheidende Frage dabei ist, in welchem Ausmaß die Ziele, die sich mit der Anwendung dieses oder jenes Modells anstreben lassen, gewollt werden oder eben nicht. Das gilt ganz besonders jetzt, wo die Einführung einer Studienplatzfinanzierung an den öffentlichen Universitäten geplant ist – auch wenn sich der Zeitpunkt der tatsächlichen Umsetzung aufgrund der jüngsten politischen Entwicklungen derzeit nicht prognostizieren lässt.
Hohe Erwartungen. Die mit ihr verbundenen Erwartungen sind bekanntlich hoch. Nicht von ungefähr wird sie seit etlichen Jahren sowohl von den Universitäten als auch vom zuständigen Ministerium gefordert. Worauf richten sich die Erwartungen an eine Studienplatzfinanzierung? Zum Ersten auf eine höhere budgetäre Ausstattung des Universitätssektors als Ganzem. Allen Seiten ist bewusst, dass dieses Bemessungs- und Verteilungsinstrument nur funktionieren kann, wenn mehr Geld ins Gesamtsystem fließt. Die zusätzlichen Mittel sollen – darin liegt die zweite Erwartung – dahingehend eingesetzt werden, dass jede Universität für das spezifische Studienangebot, für welches sie steht, eine entsprechende Ausstattung erhält, die sich wiederum – universitätsgemäß – auf Lehre und Forschung gleichermaßen erstreckt.
Damit dieses Ziel erreicht wird, bedarf es der Kostenwahrheit hinsichtlich der Aufwendungen für die diversen Fächergruppen, die bekanntlich sehr unterschiedlich ausfallen. Hand in Hand damit müssen vernünftige Relationen zwischen den Studienplätzen der Fächer einerseits und den zur Betreuung derselben vorzusehenden Kapazitäten andererseits hergestellt werden. Beides funktioniert nicht ohne die Festlegung bestimmter Größenordnungen: im einen Fall nicht ohne eine differenzierte „Be-Preisung“ der verschiedenen Fächergruppen, im anderen Fall nicht ohne Kontingentierung der Studienplätze sowie der ihnen zugeordneten Betreuungskapazitäten. Kurz: Das, was die Studienplatzfinanzierung herbeiführen soll, ist zum einen Kostenwahrheit je nach Fächer-Erfordernissen, zum anderen eine Orientierung an den Kapazitäten, die entweder an einer Universität gegeben oder herzustellen sind, damit die jeweiligen Fächer auf dem für sie notwendigen, international üblichen Niveau betrieben werden können.
Innere Bereitschaft. Warum muss ausgerechnet für die Erreichung dieser Ziele, die sich ernsthaft wohl von niemandem bestreiten lassen, eine besondere innere Bereitschaft aller Beteiligten und Betroffenen eingefordert werden? Der Grund liegt auf der Hand: Mit Einführung der Studienplatzfinanzierung kommt es naturgemäß zu einer Umverteilung der budgetären Mittel an die einzelnen Universitäten. Jene, die teure Fächer anbieten bzw. darauf spezialisiert sind und / oder darüber hinaus viele Studienplätze zu betreuen haben, werden logischerweise mehr erhalten als andere Universitäten, bei denen beides nicht im selben Ausmaß der Fall ist. Dies in Kauf zu nehmen ist die Conditio sine qua non des Systems der Studienplatzfinanzierung. Zwangsläufig müssen jene Universitäten, für die sich aufgrund der Berechnungen geringere Budgetsteigerungen ergeben werden, dazu mehr bereit sein als die anderen. Deshalb ist es umso notwendiger, dass alle die Ziele, auf die man sich verständigt und die man gemeinsam angestrebt hat, nicht nur nicht aus dem Auge verlieren, sondern sie weiter wollen.
Im Hinblick darauf würde es viel helfen, im Zusammenhang mit der Umsetzung des Studienplatzfinanzierungsmodells zu einem anderen Wording zu finden. Manche, nicht zuletzt psychische Hürde ließe sich leichter nehmen, wenn nicht mehr von „Gewinnern“ und „Verlierern“ bzw. von „Profiteuren“ und jenen, „die das Nachschauen haben“, gesprochen würde. Voraussetzung dafür wiederum ist das Vertrauen, dass die (nach den vereinbarten Kriterien erfolgten) Berechnungen den alleinigen Ausschlag geben, nicht intransparente politische Machenschaften. Dass darüber hinaus jede Universität mit Gewissheit davon ausgehen darf, durch die Anwendung des neuen Modells nicht in ihrer Existenz und Weiterentwicklung gefährdet zu sein, versteht sich von selbst – wird bis dato auch von niemandem bestritten.
Glaubwürdigkeit. Die Einführung der Studienplatzfinanzierung darf nicht scheitern – nicht daran, dass ihre Umsetzung in der gegenwärtigen Legislaturperiode wohl nicht mehr möglich sein wird, aber auch nicht daran, dass sich die innere Einstellung seitens der Universitäten ihr gegenüber ändert. Es geht nicht allein um die kürzlich noch in Aussicht gestellte Budgetsteigerung von immerhin 1,34 Milliarden Euro für die nächste Leistungsvereinbarungs-Periode, die nur damit gerechtfertigt wird. Mehr noch steht die Glaubwürdigkeit der Universitäten auf dem Spiel, die jetzt zeigen müssen, ob und wie sie hinter den Zielen stehen, die sie immer eingemahnt haben und wohl ernsthaft nicht – plötzlich – von der Hand weisen können.