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NEWSLETTER 7/19

22.11.2019

KOMMENTAR

Ist eine deutliche Erhöhung der Medizin-Studienplätze sinnvoll? Nein. In Österreich gibt es keinen Mangel an Ärztinnen und Ärzten sondern ein Verteilungsproblem. Wir liegen mit der Zahl der Studienplätze an öffentlichen Universitäten an der Spitze Europas und bilden genügend Ärztinnen und Ärzte aus, deutlich mehr als in Deutschland und der Schweiz. Von einem diesbezüglichen Mangel kann daher keine Rede sein.

INLAND

Einen Sieben-Punkte-Katalog mit Erwartungen der Rektorinnen und Rektoren der 22 öffentlichen Universitäten an die künftige Bundesregierung präsentierte am 21. November der geschäftsführende Präsident der Universitätenkonferenz (uniko), Oliver Vitouch, bei seiner letzten Pressekonferenz in dieser Funktion im Wiener Cafe Landtmann (Foto: Martin Juen/SEPA.Media/picturedesk.com). An der Spitze des Katalogs steht eine Erhöhung des Universitätsbudgets um 2,1 Milliarden Euro für die Leistungsvereinbarungsperiode 2022 bis 2024 auf 13 Mrd. Euro, zudem eine „wirkungsvolle Forschungsförderung“ sowie die Schaffung eines einheitlichen Ministeriums für Wissenschaft, Forschung, Innovation und Technologie – am besten ohne Aufgaben aus dem Unterrichtsressort, betonte Vitouch.

Unter dem Motto „Wir brauchen die besten Köpfe“ tauschten am 21. November Rektorinnen und Rektoren der öffentlichen Universitäten ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mit „Strategie und Praxis von Berufungen“ aus. Oliver Vitouch, Präsident der Universitätenkonferenz (uniko) und Rektor der Universität Klagenfurt, stellte im Rahmen einer Podiumsdiskussion in der Sky Lounge der Universität Wien gleich eingangs fest: „Die Berufungsautonomie im Universitätsgesetz ist hoch“, anders als etwa die Finanzautonomie mit der Limitierung durch das Globalbudget. Zu begrüßen seien UG-Neuerungen wie die Möglichkeit der Direktberufung, mit der es gelänge, herausragende Kräfte, darunter auch „Brexit-Flüchtlinge“, rascher zu gewinnen.

uniko zu Medizinstudienplätzen: LH-Wunsch „nicht durchdacht“

Schon vor dem Treffen der Landeshauptleute am 8. November war von Länderseite wochenlang der Schlachtruf „Verdoppelung der Medizinstudienplätze“ zu vernehmen gewesen. Nach der Wiener Neustädter Sitzung der LH-Konferenz sprach die derzeitige Vorsitzende, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), nur noch von einer „deutlichen Anhebung“ der Studienplätze an den Medizinuniversitäten. Am selben Tag meldete sich die Universtätenkonferenz (uniko) via Aussendung mit heftigem Widerspruch zu Wort: „Diese Forderung an die künftige Bundesregierung ist weder durchdacht noch realisierbar, geschweige denn finanzierbar“, erklärte uniko-Präsident Oliver Vitouch.

Die Landeshauptleute machten, so Vitouch, mit ihrer populistischen Ansage eines deutlich: „Sie wollen mit untauglichen Mitteln ein von ihnen erkanntes Defizit bekämpfen, nämlich den punktuellen Mangel an Ärztinnen und Ärzten, dessen Ursache nicht in der Zeit vor, sondern nach dem Studium begründet wird.“ Der Präsident der uniko nannte es erstaunlich, dass die politischen Spitzen der Bundesländer alle Warnungen und Hinweise, darunter auch jene der Ärztekammer, offenbar komplett ignorierten und eine künftige Bundesregierung mit realitätsfernen Lösungsvorschlägen unter Druck setzen wollen.

Verteilungsproblem. „Mittlerweile braucht es gar keine Expertinnen oder Experten mehr, um festzustellen, dass es sich bei der Rekrutierung von heimischen Ärztinnen und Ärzten nicht um ein Mengenproblem, sondern um ein Verteilungsproblem handelt – und zwar zwischen Stadt und Land, Spitälern und Praxen“, fügte Vitouch hinzu. Mit einer Aufstockung von Studienplätzen würde sich daran wenig bis gar nichts ändern, vielmehr seien die vorhandenen Defizite im Gesundheitswesen zu beheben, und zwar von den verantwortlichen Trägern (siehe dazu auch den KOMMENTAR von Rektor Wolfgang Fleischhacker, Medizinische Universität Innsbruck).

Markus Müller, Rektor der Medizinischen Universität Wien und Mitglied des uniko-Präsidiums, hielt dazu ergänzend fest: „Österreich gelingt es derzeit nicht, seine eigenen Absolventinnen und Absolventen, oder gar qualifizierte ausländische Arbeitskräfte für das österreichische Gesundheitssystem zu begeistern.“ Eine Verdoppelung der Studienplätze würde zudem das österreichische Privileg der mit der EU verhandelten 75-Prozent-Quote für heimische Studienplätze gefährden und die Wettbewerbsfähigkeit der Universitäten belasten. Das verschlechterte Betreuungsverhältnis hätte auch negative Auswirkungen auf Forschung und Patientenbetreuung an den Universitätskliniken. Müller: „Unser Appell lautet daher, die Universitäten nicht durch Scheinlösungen zu schwächen, sondern die Rahmenbedingungen für die ärztliche Tätigkeit in Österreich zu verbessern.“

uniko-PROJEKT

Äußerst positiv bewertet die Österreichische Universitätenkonferenz (uniko) die Ergebnisse und Erfahrungen mit dem zu Jahresbeginn ins Leben gerufenen Pilotprojekt „Promotion ohne Limit" (PromoLi) – eine Initiative der uniko, die exemplarisch und bewusstseinsbildend dazu beitragen soll, die Zahl von Personen mit Behinderung in den österreichischen Forschungseinrichtungen zu erhöhen. „Wir waren über den Andrang überrascht und auch über die herausragende Qualität der Exposés“, erklärte der Vorsitzende des Forums Personal der uniko und des Dachverbands der Universitäten, Vizerektor Wolfgang Meixner (Universität Innsbruck), Ende Oktober im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien, die vor allem im ORF (Fernsehen und Radio) auf großes Echo stieß.

PERSONALIA

Nadine Shovakar (38), wissenschaftliche Mitarbeiterin in der uniko, wird sich mit Monatsende nach mehr als elf Jahren von der Geschäftsstelle verabschieden, um eine neue Position an der Universität Potsdam zu übernehmen: Anfang Jänner 2020 wird sie dort als Referentin für die Koordination der Europäischen Hochschulallianz „European Digital UniverCity“ zuständig sein.

ZITAT DES MONATS

„Die Universität soll kein Ort der geistigen Schonung sein, sondern ein Ort der Freiheit aller zum Reden und zum Denken.“

Die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG zitiert in ihrer Ausgabe vom 19.11.2019 den deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, der zum Auftakt der Herbsttagung der deutschen Hochschulrektorenkonferenz (HRK) in Hamburg einen Appell an deren Mitglieder richtete (dies vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um „Gesinnungspolizei“ in deutschen Hörsälen).

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