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Hütter: "Abschottung ist das Gegenteil, was Universitäten leben und lehren"
In ihrer Rede zum Neujahrsempfang warnt uniko-Präsidentin Brigitte Hütter davor, Österreich als Wissenschaftsstandort und Kulturland zu gefährden
23. 1. 2025
In ihrer Rede am Neujahrsempfang richtet uniko-Präsidentin Brigitte Hütter eine klare Botschaft an die künftige Bundesregierung. Abschottung würde die Attraktivität Österreichs als Wissenschaftsstandort und Kulturland gefährden. Abschottung sei "das Gegenteil, was die Universitäten in ihrem Alltag selbstverständlich leben und lehren". Als "unglaublich" bezeichnet Hütter, dass die Klimapolitik bei den bisherigen Regierungsverhandlungen nur in Bezug auf Einsparungen vorgekommen sei. Außerdem kündigt die uniko-Präsidentin an, die Universitäten würden "trotz gegenläufiger Großwetterlage" weiterhin für ihre Werte einstehen: Geschlechtergerechtigkeit und Diversität seien "ein unschätzbarer Mehrwert für die Entwicklung der Gesellschaft". Die Rede von Brigitte Hütter im Wortlaut
Es ist der 21. Jänner eines neuen Jahres. Oder, mit Erich Kästner: „Wird's besser? Wird's schlimmer? fragt man alljährlich.“ Also was war es, was wird es? Jedenfalls erleben wir viel Umwälzung, Turbulenz und Krisenstimmung. Wir blicken auf ein Jahr voller Entscheidungen mit großer Tragweite zurück. Wahlen, die für uns in Österreich und Europa einen bedenklichen Rechtsruck, in den USA einen Schritt ins Unberechenbare bedeuten. Es waren Wahlergebnisse, die uns in jedem Fall national, europäisch, aber auch geopolitisch vor größte Herausforderungen stellen. Ein Sturm an Großinsolvenzen von Signa bis KTM und kein Ende der schweren Krise der Industrie, ein unglaubliches Budgetloch in den Staatsfinanzen, Künstliche Intelligenz an allen Orten, menschliche Intelligenz und Fake News in zähem Ringen und ein in rechtsextreme Verschwörungen abgedrifteter Multimilliardär, der sich von einem US-Präsidenten in ein staatstragendes Amt und von eigenen Gnaden zum Strippenzieher für Wahlkämpfe in Europa und deren rechtsextreme Protagonisten ernannt hat. Soweit so düster.
2024 brachte Personalwechsel
Schauen wir auf die uniko: Die uniko hat im Jahr 2024 mit Bernhard Fügenschuh, Andrea Kurz und Ada Pellert drei neue Rektor:innen begrüßt. Als Langzeitrektor verabschiedete sich der sehr geschätzte Hellmut Samonigg an der MedUni Graz. Gesetzlich wurde die Verkürzung des Lehramtsstudiums ebenso beschlossen wie die sehr zu begrüßende Ausbildung von Psychotherapeut:innen an Universitäten. Mit unserer Kampagne „Hochschulen wählen Europa“ haben wir die EU-Wahl begleitet. Im Juni hat das Plenum in Klagenfurt das Programm „Universitäten 2030: Was zu tun ist“ verabschiedet. Darin enthalten sind Vorschläge zu Profilschärfungen im Hochschulsektor ebenso wie für ein leistungsbezogenes neues Stipendiensystem. Und im Herbst verabschiedete sich der hochverdiente Oliver Vitouch als Präsident der uniko.
Das Jahr der Leistungsvereinbarungen
2024 war aber vor allem das Jahr der Leistungsvereinbarungen. Mit einem Gesamtbetrag von 16 Milliarden Euro konnte für die 22 öffentlichen Universitäten eine solide Basis für deren Weiterentwicklung geschaffen werden. 1,7 Milliarden davon wurden für Bauvorhaben, den klinischen Mehraufwand, IT-Security und Ausgaben aus 15a Vereinbarungen mit den Bundesländern (Stichwort IT:U und Medizinfakultät Linz) sowie für die Ministerreserve veranschlagt. Es sind Summen, die vor dem angesprochenen Gesamtlagebild keineswegs selbstverständlich sind. Klar ist aber, dass die Universitäten die enormen Kostensteigerungen bei Mieten und Personal aus den vergangenen Jahren auch in die Zukunft mitnehmen. Im Sinne des Wissenschafts- und Wirtschaftsstandorts ist daher zu wünschen, es ist aber keineswegs gewiss, dass wir am Ende nach Abzug der Inflation mit der vorliegenden Leistungsvereinbarung eine reale Steigerung der Ausgaben für Forschung und Lehre erreichen können.
Budgets sind ja bekanntlich in Zahlen gegossene Politik: Es wird über 2027 hinaus eine Folgefinanzierung für die Universitäten brauchen, über die eine neue Bundesregierung spätestens im Oktober 2026 entscheiden wird müssen. Es wird also schnell zur Gretchenfrage kommen: Wie halten Sie es mit den Universitäten, der Wissenschaft und der Kunst?
Ein bedenkliches Beispiel bieten die Niederlande. Der Standard zitiert am 15. Jänner 2025 Robert-Jan Smits, den früheren Generaldirektor für Forschung der Europäischen Kommission und Präsidenten der TU Eindhoven: „Die Erfahrung hat gezeigt, dass rechte und rechtsradikale Parteien in einer Regierung schlechte Nachrichten für die Universitäten sind und Haushaltskürzungen bedeuten. In den Niederlanden wurde erst im Dezember beschlossen, die Ausgaben für Hochschulen für die nächsten vier Jahre um 1,2 Milliarden Euro zu reduzieren, um so auch die Zahl der Studierenden zu verringern. Dazu soll die Unterstützung von internationalen Studierenden in den Niederlanden um 168 Millionen Euro gekürzt und der Ausbau englischsprachiger Lehrveranstaltungen eingeschränkt werden.“
Neue Regierung entscheidet über Folgefinanzierung
Also nochmals die Gretchenfrage: Wie hält es die Republik mit den Universitäten, der Wissenschaft und der Kunst? Fest steht: Wirtschaftsimpulse werden künftig stärker denn je von Forschung, Kreativität und Exzellenz ausgehen. Sinkende Wirtschaftsleistung kann nur durch innovative Ansätze kompensiert werden, und die Impulse kommen aus der Forschung und der Kunst sowie von bestens ausgebildeten Universitätsabsolvent:innen.
Investition in Universitäten sind Investitionen in die Zukunft – damit meine ich natürlich die konkreten Universitätsbudgets, ebenso meine ich aber Investitionen in die Rahmenbedingungen für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Letztere umfassen nationale Fördermittel ebenso wie die Finanzierung von Infrastrukturen oder die Beteiligungsmöglichkeit an Europäischen Fördertöpfen.
Es ist in diesen aufgeregten Tagen ja nicht ganz einfach, bei der Sache zu bleiben. Und was ist die Sache überhaupt aus Sicht der Universitäten? Lassen Sie uns eine gemeinsame Näherung versuchen.
Die Hauptaufgaben, die Kernprozesse an Universitäten bilden die drei Säulen Lehre, Forschung/Entwicklung und Erschließung der Künste (EEK) und die sogenannte 3. Mission, der gesellschaftliche Auftrag der Universitäten.
Die Lehre: Universitäten als Dreh- und Angelpunkt
Die öffentlichen Universitäten mit ihren 262.000 Studierenden sind der Dreh- und Angelpunkt von Lehre und Forschung/EEK im tertiären Bereich. Sie bilden den weitaus größten Teil der dringend benötigten, hochqualifizierten Arbeitskräfte von heute und von morgen aus.
Das Ineinandergreifen von Lehre und aktivem wissenschaftlichen oder künstlerischen Schaffen ist Grundpfeiler jeder universitären Ausbildung. Dem raschen Wandel können wir nur über diesen Ansatz der forschungsgeleiteten oder kunstgeleiteten Lehre begegnen. Die Zeit an der Universität soll Studierende dazu befähigen, über die engen Grenzen der bekannten Disziplinen hinaus reflexiv, kritisch und verantwortungsbewusst zu denken und zu agieren. Wir stellen also fest: Die Adjektive „interdisziplinär“ und „transformativ“ sind nicht die Erbpacht einer einzelnen Institution, sondern gehören zu den konstitutiven Merkmalen der gesamten universitären Lehre, Forschung und EEK.
Die zentrale Qualität der Bildungsinstitutionen
Die Zukunft unserer Gesellschaft ist eng mit der Qualität unserer Bildungsinstitutionen verbunden. Der Gestaltungsrahmen wird von den großen Herausforderungen der Digitalisierung, Globalisierung und des ökologischen und gesellschaftlichen Wandels bestimmt. Der wissenschaftliche oder künstlerische Umgang mit Mehrdeutigkeit und Ungewissheit, Imaginations- und Assoziationsfähigkeit sowie das Hinterfragen bestehender Strukturen und Erscheinungsbilder sind für die Entwicklung von Zukunftsszenarien und neuer Perspektiven unabdingbar.
Lassen Sie es mich anders formulieren: Die Rolle und Bedeutung von Forschung und Kunst sowie deren Lehre für die gesellschaftliche und soziale Fortentwicklung kann nicht groß genug eingeschätzt werden.
Abschottung ist das Gegenteil dessen, was Universitäten lehren und leben
Auch der Umgang mit Diversität ist als Indikator dafür zu werten, wie die Gesellschaft mit neuen inhaltlichen Anforderungen und Innovationen umgeht. Gerade in Zeiten einer gegenläufigen politischen Großwetterlage gilt: Ein Agieren zugunsten von sozialer Inklusion, Geschlechtergerechtigkeit und Diversität ist nicht nur gesellschaftlicher Auftrag und Selbstverständnis. Es ergibt einen unschätzbaren Mehrwert für die Entwicklung der Gesellschaft. Konkret geht es etwa um die Teilhabe von internationalen Studierenden und Lehrenden. Es geht um das Leben einer geschlechtergerechten und diskriminierungsfreien Kultur sowie um die Umsetzung von Maßnahmen der Barrierefreiheit. Eine Politik, die Festungen baut, die sich abschottet, Menschenrechte missachtet und Österreich nicht als Teil der Europäischen Union begreift, meint genau das Gegenteil, was die Universitäten in ihrem universitären Alltag selbstverständlich leben und lehren. Wie wollen wir Europa geopolitisch und wirtschaftlich (Zitat: Bundespräsident Van der Bellen) „weltpolitikfähig“ machen, wenn wir unseren Blick nicht über den österreichischen Tellerrand hinaus ausrichten?
Unser Umgang mit Bildung und Wissenschaft, Kunst und Kultur sowie mit Diversität wird die Zukunft unserer Gesellschaft bestimmen. Es geht für die Universitäten im Großen um die Frage, wie wir den Herausforderungen des digitalen, gesellschaftlichen und ökologischen Wandels begegnen. Letztlich geht es um die täglich neu zu stellende Frage der Humanität, der Menschenrechte, der Demokratie und des menschlichen Miteinanders, es geht um die Reflexion des eigenen Bildungsbegriffs im weitesten Sinn.
Erich Fromm formulierte es so: „Ich glaube, dass die Erkenntnis der Wahrheit nicht in erster Linie eine Sache der Intelligenz, sondern des Charakters ist.“ Der Philosoph Julian Nida-Rümelin führt zu seinem neuen Buch „Ähren im Wind“ aus: „Urteilskraft hat nicht nur etwas mit formaler Bildung, sondern genauso sehr mit Zivilcourage zu tun. Es geht darum, sich nicht bequem den jeweiligen Mehrheitsmeinungen anzupassen, sondern kritisch zu prüfen, ob diese gerechtfertigt sind.“
Mit unseren Universitäten stehen wir für einen offenen, vielfältigen und im Denken groß dimensionierten Weg. Schubladendenken und kleinteilige Ansätze in Bildung, Kunst und Kultur werden uns weder als Gesellschaft noch persönlich weiterbringen.
Natürlich kennen wir den Alltag, wir kennen die Notwendigkeiten von Arbeitsmarkt, Wirtschaft und Industrie. Wenn wir an die letztjährige Studierendensozialerhebung denken so gibt es hier durchaus Handlungsbedarf. In Österreich sind 65 % der Studierenden mit durchschnittlich 20,5 Stunden pro Woche erwerbstätig. Um aktives Studieren zu ermöglichen, braucht es finanzielle Sicherheit, damit deutlich erhöhte Mindeststudienleistungen und ein zügiger Studienabschluss möglich werden.
Die Forschung: Neue Impulse für die Wirtschaft
Wir kommen zur zweiten Säule der universitären Kernaufgaben, zur Forschung oder deren künstlerischem Pendant, der Entwicklung und Erschließung der Künste. Neue Impulse in Wirtschaft und Gesellschaft werden künftig noch stärker aus diesem Aufgabenfeld der Universitäten resultieren. Ich wiederhole mich gerne: Sinkende Wirtschaftsleistung kann nur durch Innovation kompensiert werden, und Wettbewerbsfähigkeit und Innovationsimpulse kommen aus Forschung und Kreativität. Laut WIFO führen 81 Prozent aller Unternehmen mit Hochschulkooperationen Marktneuheiten ein. Schon derzeit stammen laut WIFO zehn Prozent des jährlichen Wachstums des realen BIP von den Hochschulen.
Wissenschaftliche Evidenz ist keine „Meinung“
Basis und Rückgrat jeder wissenschaftlichen und künstlerischen Betätigung bilden die Freiheit der Wissenschaften bzw. die Freiheit des Künstlerischen Schaffens. Sie gehören in demokratischen Ländern zu den wichtigsten Grundrechten. Sie sind aber dann sofort ausgehöhlt, wenn es beim bloßen Lippenbekenntnis bleibt. Stehen wissenschaftliche Meinungen oder künstlerische Praktiken im Widerspruch zu politischen Auffassungen, so können diese Freiheiten schnell in Frage gestellt werden. Beispiele haben wir in der Corona-Pandemie erlebt. Ob der globalen Notlage wurden Zulassungsverfahren für Impfstoffe und Medikamente beschleunigt und von einschlägig bekannter Seite sofort als menschliche Experimente verunglimpft. Wir erkennen: Freiheit ist kein erworbenes Gut, das dauerhaft selbstverständlicher Bestand unseres Daseins und unserer Gesellschaft ist. Freiheit, auch jene von Wissenschaft und Kunst, müssen immer wieder neu thematisiert und verteidigt werden. Dies umso mehr, als wir es bei der in Verhandlung stehenden Regierungskonstellation mit einem Meinungsspektrum zu tun haben, das wissenschaftliche Evidenz mitunter schnell als ideologisch motivierte „Meinung“ hinstellt. Allzu gerne wird Skepsis durch schlichtes Negieren oder Ignorieren von wissenschaftlichen Erkenntnissen begründet und geschürt.
Wie auch die SVK in ihrer Stellungnahme betont, ist es für Wissenschaft und Kunst notwendig, kritisch und diskursiv zu arbeiten. Wenn kritische Stimmen durch mangelnde Geldmittel, eine Förder- oder Einsparpolitik oder gar auf direkterem Wegen Gefahr laufen, zum Schweigen gebracht zu werden, dann wackeln die grundrechtlichen Freiheiten von Wissenschaft und Kunst. Dies gilt verstärkt für die Bereiche der Grundlagenforschung und der künstlerischen Praxis, die in der scheinbaren Ferne jeder Anwendung rasch Gefahr laufen können, unterfinanziert oder beschnitten zu werden.
Eine „Festung“ gefährdet Wissenschaftsstandort und Österreich als Kulturland
Gerade Forschung und EEK stehen im internationalen Kontext und leben von der internationalen Zusammenarbeit. Der Wettbewerb um die besten Köpfe ist ein Wettbewerb auf internationalem Parkett. Wenn eine Partei regiert, die im Wahlprogramm vermerkt „Wir sprechen Deutsch – Anglizismen vermeiden“, dann muss an dieser Stelle eine gegebene Normalität ausgesprochen werden, nämlich dass die Lingua franca (Achtung nichtdeutscher Begriff) der meisten Wissenschaftsdisziplinen Englisch ist. Wenn die Politik uns zur russlandfreundlichen Österreichfestung ohne Rückhalt in der EU macht, dann gefährdet dies den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort ebenso wie die Strahl- und Anziehungskraft unseres Kunst- und Kulturlandes Österreich. Die Politik trägt hier höchste Verantwortung. Die EU-skeptische Haltung einer Bundesregierung sägt ganz banal den Ast ab, auf dem wir international sitzen. Der von Rudi Dolezal für den Austropop geprägte Titel „Weltberühmt in Österreich“ reicht eben in Forschung und EEK nicht.
Umgang mit Klimaschutz „beschämend“
Es ist beschämend, extra darauf hinweisen zu müssen, dass wir neben dem Budgetproblem und einer veritablen Wirtschaftskrise auch noch den Klimawandel und seine sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgewirkungen zu stemmen haben. Es ist unglaublich aber wahr, dass in Diskussionen um eine neue Bundesregierung das Thema Klima nur mehr in Bezug auf Einsparungen vorkommt. Ich zitiere die Wissenschafterin des Jahres, Sigrid Stagl: „Alle ökonomischen Analysen brauchen auch eine ökologische Sichtweise“ (im Falter Anfang Jänner 2025). Am 13. Jänner richteten namhafte Wissenschafter*innen einen offenen Brief an die Regierungsverhandler*innen, in dem sie forderten, Klima- und Umweltpolitik als integralen Bestandteil von Standortpolitik zu verstehen. Ich möchte es so sagen: Der Kampf gegen den Klimawandel ist auch ein Innovationstreiber und trägt somit zu einem langfristig krisensicheren europäischen Wirtschaftsraum bei. Übersetzt für die heimischen Anti-Windrad-Populisten: Am Ausbau der Erneuerbaren führt kein Weg vorbei. Schlag nach bei Verbund-Chef Michael Strugl.
Die dritte Mission: Universitäten als Zentren für Diskurs und Wissenstransfer
Neben Forschung und Lehre haben die Universitäten einen gesellschaftlichen Auftrag, ihre Dritte Mission, den Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Denn wir verstehen uns keineswegs als die vielbeschworenen einsamen Elfenbeintürme, die wir ohnehin nie waren, sondern vielmehr als Zentren für gesellschaftlichen Diskurs, Wissens- und Technologietransfer. In dieses Aufgabenfeld gehören Science- und Businesstalks, Konzerte und Ausstellungen genauso wie die Lange Nacht der Forschung oder die Pädagog:innenbildung. Dass die Dritte Mission untrennbar mit Forschung und Lehre verbunden ist, haben die vorherigen Ausführungen bereits gezeigt. Deshalb lassen Sie mich hier nur zwei Ansätze nochmals bekräftigen:
- Gerade wenn die Zeiten schwieriger werden, gehören das Eintreten für Demokratie und Menschenrechte, für Medienfreiheit und Medienvielfalt und das Eintreten für die Freiheit von Wissenschaft und Kunst zum unumstößlichen Auftrag von Universitäten.
- Und es gilt gerade jetzt und angesichts der (welt)politischen Entwicklungen, gegen Extremismen aller Art, gegen Xenophobie, Antisemitismus und Islamophobie und gegen politische Einflussnahmen einzutreten.
Universitäten, eine bewährte Innovationskraft
Die Bedeutung unserer Universitäten und deren Aufgaben nimmt aktuell enorm zu, gleichzeitig müssen genau diese universitären Aufgaben immer mehr geschützt und verteidigt werden. Wir haben also einiges zu tun im aktuellen noch jungen Jahr 2025, im Jahr der drei Jubiläen: 30 Jahre EU-Beitritt, 70 Jahre Staatsvertrag und 80 Jahre nach dem Ende des 2. Weltkrieges.
Wir leben in unsicheren, keineswegs angstfreien Zeiten. Nehmen wir unsere Ängste ernst. Lassen wir uns aber von ihnen nicht lähmen, sondern nutzen wir sie, um mutig und konstruktiv mit unseren Mitteln - es sind die Mittel der Wissenschaft und der Kunst - die Probleme zu überwinden.
Sich aufraffen, forschen, wissenschaftlich und künstlerisch reflektieren – das erfordert Kraft, Überwindung und Mut zur Entfaltung. Die Universitäten haben diese Kraft, sie sind diese Kraft. Neugier, Erkenntnisdrang und Innovationsgeist wohnen ihnen inne, und das seit Jahrhunderten.
Auch am Beginn des Jahres 2025 und am Vorabend einer innenpolitischen Zeitenwende gilt daher: Wer für dieses Land und seine Bewohner:innen Positives bewirken will, ist gut beraten, auf die Kraft der Universitäten zu vertrauen, ihre Entfaltung zu unterstützen und ihre Kritikfähigkeit zu schätzen.
Der 2023 ausgeschiedene Präsident der Max-Planck-Gesellschaft, Max Stratmann, formulierte es so: „Natürlich ist eine freie Wissenschaft auch unbequem, weil sie zu Wahrheiten führt, die nicht jeder gerne hört.“